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Nachruf Prof. Dr. Walter Eckard Schmidhuber

Das Department Chemie und Biologie der Universität Siegen trauert um

Prof. Dr. Walter Eckard Schmidhuber

der am 12. Juli 2023 im Alter von 95 Jahren verstorben ist.

Herr Prof. Dr. Schmidhuber wurde am 26.01.1928 in Tübingen geboren. Nach dem Krieg studierte er dort Chemie. Bei Prof. Dr. Eugen Müller promovierte er zum Dr. rer. nat. an der Universität Tübingen. Nach 11-jähriger erfolgreicher Tätigkeit in der Industrie trat er 1971 als Baurat in die Staatliche Ingenieurschule für Maschinenwesen ein, wurde 1974 zum Fachhochschullehrer ernannt und 1982 in den Stand eines Professors übergeleitet.

Bei der Gründung der Gesamthochschule gehörte er dann zu den Persönlichkeiten, die das Chemiestudium in Siegen durch Vorlesungen, Gremienarbeit und in der Verantwortung als Dekan in kooperativer Weise über die schwierige Anfangsphase hinweggebracht haben. Darüber hinaus hat Prof. Dr. Schmidhuber viele Generationen von Bauingenieursstudenten in die Grundlagen der Bau- und Kunststofflehre eingeführt. Diese Aufgabe nahm er auch nach seiner Pensionierung 1993 im Rahmen eines Lehrauftrags wahr.

Als langjähriges Mitglied des Prüfungsausschusses hat er aktiv an der Gestaltung der Ausbildung im damaligen Fachbereich Chemie-Biologie mitgewirkt und sich um die Lehre verdient gemacht, insbesondere durch seine Vorlesungen zur Werkstoffwissenschaft und Materialprüfung. Zum Abschluss seiner aktiven Laufbahn stiftete er 1993 den Studienpreis für die besten Absolventinnen und Absolventen der Chemiestudiengänge HS I und HS II.

Wir nehmen Abschied von einem geschätzten Kollegen und Wissenschaftler, der die Universität Siegen und insbesondere den Fachbereich Chemie seit der Gründung mit-gestaltet hat. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Unsere aufrichtige Anteilnahme gilt seiner Familie und den Angehörigen.

Für das Kollegium und die Mitarbeitenden

Die Departmentsprecherin des Departments Chemie und Biologie

Univ.-Prof. Dr. Klaudia Witte

Siegen, im August 2023

Aktualisiert um 8:31 am 29. August 2023 von Thomas Reppel

Frauen im Fokus

Eine neue Nachwuchsforschungsgruppe an der Uni Siegen untersucht die Beiträge von Frauen in der Physik- und Mathematikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Ein Ziel des Projektes ist auch, zu einem neuen Verständnis von Wissenschaftsphilosophie und -geschichte beizutragen.

Die Kernspaltung, die DNA-Doppelhelix-Struktur, die Radioaktivität: Viele bahnbrechende wissenschaftliche Entdeckungen gehen maßgeblich auf die Forschungsleistungen von Frauen zurück. Auch zahlreiche Ansätze und Theorien, die heute zum Grundbestand der mathematischen Physik zählen, wurden von Wissenschaftlerinnen (mit)entwickelt. Zu ihren Lebzeiten wurden sie jedoch häufig kaum für ihre Errungenschaften gewürdigt. Bis heute sind ihre Namen den meisten Menschen unbekannt – während berühmte Physiker wie Albert Einstein, Max Planck oder Werner Heisenberg in aller Munde sind. Eine Nachwuchsforschungsgruppe am Department Mathematik der Universität Siegen hat es sich zum Ziel gesetzt, die Beiträge von Frauen in der Physik- und Mathematikgeschichte des 20. Jahrhunderts zu erforschen – und sogenannte „Gender Biases“ im Schnittfeld von Wissenschafts- und Philosophiegeschichtsschreibung zu analysieren.

„Gender Biases sind systematische Verzerrungseffekte, die durch geschlechtsbezogene Vorurteile geprägt sind und zu Benachteiligungen führen“, erklärt die Leiterin der Siegener Nachwuchsforschungsgruppe, Dr. Andrea Reichenberger: „Gender Biases wirken nicht nur in unserer alltäglichen Kommunikation und Interaktion, sondern eben auch in der Wissenschaft und Forschung – und nicht zuletzt in der Wissenschaftsphilosophie und -geschichte. Uns geht es deshalb zum einen darum, den Anteil von Frauen an der Entstehung wichtiger Erkenntnisse in der mathematischen Physik neu zu bewerten. Zum anderen möchten wir neue Ansätze einer Philosophie und Geschichte der Wissenschaften vorstellen, indem wir innovative Perspektiven auf das Thema Gleichstellung aufzeigen.“

Ein Beispiel für die Unterbewertung der wissenschaftlichen Beiträge von Frauen ist die amerikanische Mathematikerin Christine Ladd-Franklin: Bis kurz vor ihrem Tod im Jahr 1930 wurde ihr von der John Hopkins University trotz erreichter Qualifikation der Doktortitel vorenthalten, weil sie eine Frau war. Dennoch waren ihre Beiträge in Philosophie, Logik, Mathematik und Psychologie sehr einflussreich und führten dazu, dass Ladd-Franklin in zahlreichen Publikationen zitiert wurde. Nach ihrem Tod geriet die Wissenschaftlerin jedoch rasch in Vergessenheit, stattdessen wurde ihr Lehrer, der Mathematiker und Philosoph Charles Sanders Peirce, als herausragender Logiker seiner Zeit gefeiert.

„Zu ihren Lebzeiten waren Christine Ladd-Franklins Arbeiten zur Algebra der Logik einflussreich und wichtig, das lässt sich auch statistisch nachweisen. Ihr Einfluss auf die Geschichte und Philosophie der Logik sollte daher angemessener eingeordnet werden“, sagt Jasmin Özel von der Siegener Forschungsgruppe.

Weitere Wissenschaftlerinnen, mit denen sich Andrea Reichenberger und ihr Team beschäftigen, sind unter anderen die französische Logikerin und Physikerin Paulette Destouches-Février oder auch die deutsch-australische Physikerin und Philosophin Ilse Rosenthal-Schneider. Rosenthal-Schneider promovierte 1920 an der Universität Berlin zum Thema „Das Raum-Zeit-Problem bei Kant und Einstein“, Albert Einstein begleitete die Arbeit in Gesprächen und Diskussionen. Doch trotz Empfehlungsschreiben von Einstein, Max Planck und Max von Laue erhielt die Wissenschaftlerin nach ihrer Emigration nach Australien nie mehr als eine Tutorenstelle. Und dennoch lieferte Rosenthal-Schneider mit ihrer unermüdlichen Lehr- und Publikationstätigkeit wichtige Impulse für das später gegründete Institut für „History and Philosophy of Science“ an der Universität Sydney.

Archivmaterial wie Briefe oder wissenschaftliche Aufsätze sind eine wichtige Quelle für die Siegener Forscher*innen. Neben der qualitativen Analyse solcher Texte erheben sie auch quantitative Daten, beispielsweise zur Anzahl der Zitierungen in wissenschaftlichen Publikationen. „Die Kombination von qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden ist sehr gewinnbringend, wenn es darum geht, sich dem tatsächlichen Anteil von Frauen in der Geschichte der Physik und Mathematik anzunähern“, erklärt Reichenberger. Der Blick auf die Historie habe zudem direkte Bezüge zu Gegenwart und Zukunft, betont sie: „Wird die scheinbare Abwesenheit von Frauen im wissenschaftlichen Kanon unhinterfragt fortgeschrieben, dann bleiben tief liegende, stereotype Denkmuster erhalten und werden von Generation zu Generation weitervererbt. Auf diese Machtstrukturen möchten wir aufmerksam machen.“

Hintergrund:
Die Nachwuchsforschungsgruppe „Geschichte und Philosophie neu denken: Frauen im Fokus“ wird von der Universität Siegen im Rahmen des Professorinnen-Programms von Bund und Ländern mit 420.000 Euro gefördert. Neben Dr. Andrea Reichenberger und Jasmin Özel gehören Julia Franke-Redding und Dr. Rudolf Meer zu der Siegener Nachwuchsforschungsgruppe. Meer ist mit einem Marie Curie STAR Fellowship aus Österreich an die Universität Siegen gekommen, um in der Gruppe zu forschen. Alle vier Wissenschaftler*innen sind ausgebildete Philosophie-Historiker*innen mit einem Schwerpunkt auf den Fächern Physik und Mathematik.

Kontakt:
Dr. Andrea Reichenberger (Leiterin der Nachwuchsforschungsgruppe)
E-Mail: andrea.reichenberger@uni-siegen.de
Tel.: 0271 740 5601

Julia Franke-Redding, Dr. Andrea Reichenberger, Jasmin Özel (v.l.) und Dr. Rudolf Meer von der Nachwuchsforschungsgruppe „Geschichte und Philosophie neu denken: Frauen im Fokus“.

Aktualisiert um 13:52 am 25. August 2023 von Thomas Reppel

Chitin-Code entschlüsseln

Chitin, ein Biopolymer, das sich bei Insekten und Pilzen findet, ist für die medizinische Nutzung interessant. In einem neuen DFG-Schwerpunktprogramm werden nun die Eigenschaften des Biopolymers erforscht. Molekularbiologe Prof. Dr. Hans Merzendorfer leitet den interdisziplinären Forschungsverbund.

Chitin ist extrem reißfest, wirkt antibakteriell und ist chemisch leicht veränderbar. Diese Eigenschaften machen das Biopolymer, das man aus der Natur als Bestandteil des Exoskeletts von Insekten und der Zellwand von Pilzen kennt, für die medizinische Anwendung sehr interessant. Allerdings nimmt das menschliche Immunsystem Chitin als Fremdstoff wahr und löst eine Abwehrreaktion aus. Wie Chitin so verändert werden kann, dass es vom Körper akzeptiert wird, erforschen Wissenschaftler:innen eines neuen Schwerpunktprogramms der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ab diesem Herbst.

Prof. Dr. Hans Merzendorfer vom Department Chemie-Biologie der Universität Siegen leitet das Programm. „Das ist eine einmalige Chance, dieses sehr spannende Forschungsgebiet mit Kolleginnen und Kollegen verschiedener Disziplinen und Universitäten in den nächsten Jahren deutlich voranzubringen.“ Die Wissenschaft forscht schon sehr lange und intensiv daran, wie Chitin zum Beispiel für die Züchtung menschlichen Gewebes oder als Trägermaterial für Medikamente genutzt werden könnte.

Unter dem Titel „CodeChi – Chitin, Chitosan und Chito-Oligosaccharide und ihre Interaktion mit Proteinen der extrazellulären Matrix und zellulärer Signalwege“ soll diese Forschung nun in eine neue Ära geführt werden. Um Aufbau und Struktur von Chitin zu ergründen und es durch chemische Synthese oder enzymatische Modifizierung zukünftig auch für die Medizin und andere Felder nutzbar zu machen, werden unter dem Dach des neuen Schwerpunktprogramms verschiedene Disziplinen zusammengeführt. Eingebunden sind neben Physiologen, Immunologen und Pflanzenwissenschaftlern auch Chemiker und Materialwissenschaftler aus ganz Deutschland.

In insgesamt 15 Projekten werden sich die Wissenschaftler:innen mit unterschiedlichen Fragestellungen rund um das Biopolymer beschäftigen. So wird zum Beispiel untersucht, welche genauen Chitinmuster von Proteinen des menschlichen Immunsystem erkannt werden und wie dieses Wissen verwendet werden kann, um menschliche Gewebe wie zum Beispiel die Hornhaut in Gewebekultur für Transplantationen zu züchten. Andere Projekte gehen den Fragen nach, wie Insekten die komplexen Strukturen des Exoskeletts oder bestimmte chitinhaltige Infektionsbarrieren im Darm bilden. Projekte aus den pflanzenwissenschaftlichem Bereich wiederum sollen klären, wie Pflanzen anhand von Chitinspuren krankmachende Pilze erkennen oder wie bestimmte chitinhaltige Partikel im Pflanzenschutz eingesetzt werden können.

Die Aufgabe von Prof. Dr. Hans Merzendorfer und seinem Team ist es nun sicherzustellen, dass der Forschungsverbund effektiv zusammenarbeitet, um die übergeordneten Ziele des Schwerpunktprogramms erreichen zu können. Dazu werden zentrale Serviceprojekte eingerichtet und Symposien, Seminare, Sumner Schools sowie Outreach-Veranstaltungen organisiert. Zudem wurde eine Internetplattform https://www.codechi.de aufgesetzt. Neben Mitteln für Gleichstellung und der Förderung von Nachwuchswissenschaftler:innen, stehen dem Verbund nun auch Mittel aus dem Mercator-Programm der DFG zur Verfügung, um renommierte, internationale Wissenschaftler:innen einzubinden.

Hintergrund:

Das Schwerpunktprogramm wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im vergangenen Jahr eingerichtet. 28 Forschungsgruppen haben Anträge dazu eingereicht. Ein internationales Gutachtergremium hat 15 Projekte zur Förderung empfohlen. Die DFG folgte der Empfehlung und gab 5,4 Millionen Euro Forschungsmittel frei. Rund ein Drittel der beteiligten Forschungsgruppen stammen aus Nordrhein-Westfalen. Neben der Universität Siegen sind die Universitäten Düsseldorf, Köln, Münster und die RWTH Aachen beteiligt.  Der interdisziplinäre Forschungsverbund wird von Prof. Dr. Hans Merzendorfer (Universität Siegen) geleitet. Daneben gehören dem Programmausschuss folgende Wissenschaftler:innen an: Prof. Yael Politi (TU Dresden), Dr. Martina Delbianco (MPI Potsdam), Prof. Bruno Moerschbacher (Universität Münster) und Prof. Alexander Weber (Universität Tübingen).

Prof. Dr. Hans Merzendorfer leitet den interdisziplinären Forschungsverbund.

Aktualisiert um 9:18 am 18. August 2023 von Thomas Reppel

Prof. Reese wird neue Rektorin der Universität Siegen

Prof. Dr. Stefanie Reese.

Die Hochschulwahlversammlung hat sich am 8. August 2023 für Prof. Dr. Stefanie Reese als neue Rektorin der Universität Siegen entschieden.

Die neue Rektorin der Universität Siegen heißt Prof. Dr. Stefanie Reese. Die Hochschulwahlversammlung wählte die Mechanik-Professorin am 8. August 2023 und entschied damit das Verfahren zur Besetzung der Rektorenstelle. Reese wird Nachfolgerin von Prof. Dr. Holger Burckhart, der nach drei erfolgreichen Amtszeiten keine Wiederwahl angestrebt hatte. Am 30. September 2023 endet die Amtszeit von Prof. Burckhart nach dann 14 Jahren an der Spitze der Universität. Die Hochschulwahlversammlung hat nun entschieden, dass Prof. Stefanie Reese in den nächsten sechs Jahren als neue Rektorin die Geschicke der Universität leiten soll.

„Ich freue mich unglaublich über die Wahl als Rektorin und auf die Arbeit – eine tolle Uni, eine tolle Stadt, eine tolle Region. Die kommenden Jahre möchte ich mit Verlässlichkeit, Wertschätzung und Offenheit gestalten und Menschen für Siegen und die Universität begeistern. Ideen und Strategien in positive Veränderungen umsetzen, macht mir große Freude“, sagte Prof. Dr. Stefanie Reese.

„Mit Frau Prof. Stefanie Reese gewinnen wir eine exzellente Forscherin mit hervorragenden Qualitäten für die Leitung der Universität Siegen. Sie wird neue Impulse setzen und mit einem klugen Konzept die überaus erfolgreiche Entwicklung der Universität unter Prof. Holger Burckhart fortsetzen“, erklärte Arndt G. Kirchhoff, der Vorsitzende des Hochschulrats der Universität Siegen.

„Frau Prof. Reese hat uns mit ihrem Konzept und dem Fokus auf die innere Entwicklung der Universität überzeugt. Wir sind sicher, dass Frau Reese die Universität mit ihrem Engagement, ihrer Authentizität und ihrer Expertise weiterbringen wird“, sagte Prof. Dr. Bernd Engel, Sprecher des Senats der Universität.

„Wir hatten hervorragende Bewerberinnen und Bewerber. In der Findungskommission haben wir uns schließlich einstimmig für Prof. Reese entschieden. Wir freuen uns, dass sie alle Beteiligten begeistert und die Wahl so eindeutig für sich entschieden hat“, sagte Prof. Dr. Jutta Wiesemann, Sprecherin der Findungskommission.

Die Hochschulwahlversammlung, die sich jeweils zur Hälfte aus den Mitgliedern des Senats und des Hochschulrats zusammensetzt, wählte Prof. Reese mit überwältigender Mehrheit im 1. Wahlgang. Nach der erfolgreichen Wahl muss Prof. Reese noch vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW) ernannt werden. Das Verfahren zur Besetzung der Rektorenstelle war von einer Findungskommission vorbereitet worden. Sie hatte der Hochschulwahlversammlung einen Wahlvorschlag gemäß Hochschulgesetz und Grundordnung vorgelegt und Prof. Reese einstimmig auf einer Einerliste zur Wahl vorgeschlagen.

Zur Person

Prof. Dr. Stefanie Reese (58) studierte von 1984 bis 1990 Bauingenieurwesen an der Leibniz Universität Hannover und promovierte 1994 an der TU Darmstadt. Nach ihrer Tätigkeit als Hochschulassistentin an der TU Darmstadt und Oberingenieurin an der Leibniz Universität Hannover, unterbrochen durch Forschungsaufenthalte an der University of California (Berkeley, CA, USA) und an der University of Cape Town (Kapstadt, Südafrika), folgte 2000 die Habilitation im Fach Mechanik. Im gleichen Jahr wurde sie als erste Frau in Deutschland auf eine Professur für Mechanik an der Ruhr-Universität Bochum berufen. 2005 wechselte Frau Prof. Reese an die TU Braunschweig. Seit 2009 hat sie die Professur für Angewandte Mechanik an der RWTH Aachen inne. Zwei weitere Rufe ins Ausland, unter anderem an die ETH Zürich, lehnte sie ab.

Bisher erfolgte Schritte im Verfahren

Die Wahl ist durch eine Findungskommission vorbereitet worden, die aus je drei Mitgliedern des Senats und drei Mitgliedern des Hochschulrats besteht. Zudem ist Dr. Elisabeth Heinrich als Gleichstellungsbeauftragte der Universität beratendes Mitglied der Findungskommission. Sprecherin der Findungskommission ist Prof. Dr. Jutta Wiesemann.

Die Findungskommission hatte eine Stellenausschreibung erarbeitet, die von der Hochschulwahlversammlung verabschiedet und anschließend veröffentlicht wurde. Die Bewerbungsfrist endete am 15. Mai 2023. Die Findungskommission sichtete 19 eingegangene Bewerbungen, führte Gespräche mit sieben Kandidatinnen und Kandidaten und legte der Hochschulwahlversammlung am 10. Juli 2023 einen Wahlvorschlag vor.

Vorangegangen war die ergebnislose Wahl am 24. Januar 2023, als keiner der vorgeschlagenen Bewerber*innen eine Mehrheit fand. Das Verfahren zur Nachbesetzung der Rektorenstelle und der Wahl eines neuen Rektors oder einer neuen Rektorin war in der Folge neu gestartet worden.

Die neue Rektorin Prof. Dr. Stefanie Reese mit (von links) Prof. Dr. Bernd Engel, Prof. Dr. Jutta Wiesemann, Prof. Dr. Peter Krebs und Arndt G. Kirchhoff.

Aktualisiert um 18:20 am 8. August 2023 von Thomas Reppel

Siegener Wissenschaftler als Lamarr-Fellow ausgezeichnet

Der KI-Forscher Prof. Dr. Michael Möller von der Universität Siegen ist vom Land NRW als Lamarr-Fellow ausgezeichnet worden. Mit dem „Lamarr Fellow Network“-Programm fördert die Landesregierung Spitzenforschung im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI).

Die klügsten Köpfe des Landes zusammenbringen, um die Vorreiterstellung NRWs bei der Erforschung und Entwicklung von Künstlicher Intelligenz noch weiter auszubauen – das ist das Ziel des „Lamarr Fellow Network“-Programms des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Kultur und Wissenschaft (MKW). In der zweiten Auswahlrunde wurden jetzt zwei weitere Spitzenforscher als Lamarr Fellows ausgezeichnet: Darunter auch Prof. Dr. Michael Möller vom Lehrstuhl für Computer Vision der Universität Siegen. Im Rahmen des Förderprogramms erhält er bis zu 600.000 Euro Forschungsförderung sowie Zugang zu dem im Juli 2022 gegründeten Lamarr-Institut für Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz mit Sitz in Bonn, Dortmund und Sankt Augustin.

NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes sagte anlässlich der Auszeichnung: „Als Land Nordrhein-Westfalen investieren wir in die KI-Forschung, um ein Gegengewicht zu den amerikanischen Großkonzernen zu schaffen, für die ethische Fragen nicht im Vordergrund stehen. Unsere Lamarr-Fellows helfen uns dabei, die Chancen der Künstlichen Intelligenz – etwa bei der Diagnostik von Krankheiten – für alle Menschen nutzbar zu machen und gleichzeitig die Risiken dieser neuen Technologie zu berücksichtigen. Prof. Möller und Prof. Jentzen sind als neue Lamarr-Fellows eine große Bereicherung für unseren Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen.“

„Ich freue mich sehr über die Auszeichnung als Lamarr Fellow und die Möglichkeit, mit meiner Forschung zur KI-Landschaft in Nordrhein-Westfalen beizutragen“, sagt Prof. Dr. Michael Möller. In seiner Forschung beschäftigt sich Möller mit sogenannten „inversen Problemen“ im Bereich der Bildverarbeitung und des maschinellen Sehens. Dabei geht es um Fälle, bei denen es nicht möglich ist, ein direktes Bild eines zu untersuchenden Objektes aufzunehmen. Beispielsweise können Mediziner kein Foto vom Innern des Kopfes einer Patientin oder eines Patienten machen – in der Computertomographie haben sie lediglich die Möglichkeit mit Röntgenstrahlen implizite Informationen über das Kopf-Innere aufzunehmen. Auf Basis dieser Messdaten können anschließend Schnittbilder des Kopfes rekonstruiert werden.

„Häufig sind die Informationen, auf denen die Bildrekonstruktion basiert, nicht vollständig und kleine Änderungen in den Messdaten können zu großen Änderungen in den rekonstruierten Bildern führen. Hier setze ich mit meiner Forschung an, indem ich daran arbeite, die Bildqualität durch Weiterentwicklung der maschinellen Lernverfahren zu verbessern“, erklärt Möller. Als Lamarr Fellow möchte er konkret daran forschen, physikalisches Wissen über die Messprozesse in maschinelle Lernverfahren zu integrieren. Ziel ist es, implizite Informationen über das zu untersuchende Objekt künftig noch besser verarbeiten zu können und so bei der Rekonstruktion bessere und robustere Ergebnisse zu erzielen. Neben der Medizin gibt es noch zahlreiche weitere Anwendungsbereiche – beispielsweise in der Biologie, der Physik oder auch in der industriellen Fertigung.

Das Lamarr Fellowship sieht Möller außerdem als Chance, sich noch stärker zu vernetzen und auszutauschen – innerhalb des Lamarr Instituts, aber auch auf internationaler Ebene. Geplant sind unter anderem neue Austausch-Stipendien für Studierende am Siegener Zentrum für Sensorsysteme (ZESS) sowie Forschungsreisen zu internationalen Partnern in den USA, in Italien und Großbritannien. „Durch solche Kontakte sowie die Vernetzung des Siegener ZESS mit dem Lamarr Institut haben wir die Möglichkeit, die Uni Siegen als Standort für KI-Forschung noch bekannter zu machen“, sagt Möller.

Seit 2016 ist Möller Professor an der Universität Siegen: Er gehört dem Vorstand des ZESS an, ist am Schwerpunktprogramm „Theoretical Foundations of Deep Learning“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) beteiligt und ist außerdem Sprecher der Siegener DFG-Forschungsgruppe „Learning to Sense“. Neben Prof. Möller wurde in der aktuellen Auswahlrunde auch Prof. Dr. Arnulf Jentzen von der Universität Münster als Lamarr Fellow ausgezeichnet.

Hintergrund:
Das Lamarr-Institut für Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz ist im Juli 2022 gestartet und wird gemeinsam vom Bund und vom Land Nordrhein-Westfalen mit rund 20 Millionen Euro jährlich gefördert. Das internationale Spitzenforschungszentrum verknüpft Grundlagenforschung in der KI mit Fragen der praktischen Anwendung und bietet attraktive Bedingungen für etablierte Forschende und KI-Nachwuchskräfte. Mit dem „Lamarr Fellow Network Programm“ baut das Land ein Netzwerk auf, für das sich Forschende aus Nordrhein-Westfalen bewerben können.

Kontakt:
Prof. Dr. Michael Möller (Lehrstuhl für Computer Vision der Uni Siegen)
E-Mail: michael.moeller@uni-siegen.de
Tel.: 0271 740-4446

(Foto: Sascha Hüttenhain)

Aktualisiert um 11:22 am 7. August 2023 von Thomas Reppel