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Großer Auftritt für die Physik

Physiker Prof. Dr. Matthias Neubert, gebürtiger Siegener und Professor an der Universität Mainz, hielt den Vortrag über Dunkle Materie.

Das Publikum ließ sich im Siegener Apollo-Theater von einem Vortrag über Dunkle Materie, Musik und Akrobatik faszinieren.

Ganz kurz linste Prof. Dr. Alexander Lenz hinter den Kulissen hervor in den Zuschauerraum und stellte fest: Das Interesse an Physik, an Dunkler Materie, dem Redner, der Musik, der Akrobatik oder einfach an der besonderen Kombination von allem zusammen ist offensichtlich groß. Auf jeden Fall war das Siegener Theater beim Auftakt der Veranstaltungsreihe „Physik im Apollo“ rappelvoll. Für Physikprofessor und Organisator Alexander Lenz und Prof. Dr. Thomas Mannel, Prorektor für Forschung an der Universität Siegen und ebenfalls Physiker, war das eine große Freude. Die Siegener Wissenschaftler hatten sich entschieden, mit ihrem Fach, das hartnäckig als schwierig und „nerdig“ gilt, auf die große Bühne zu gehen. Sie wollten zeigen, wie mitreißend spannend ihre Forschung ist und wie vielfach talentiert Physikerinnen und Physiker sein können.

So gab es an diesem Abend nicht nur einen Vortrag über die Dunkle Materie, sondern auch Klaviermusik, Gesang und eine sportliche Performance. Physikstudent Alexander Breitenbach spielte auf dem Piano die Filmmusik „Interstellar“, und faszinierende Weltraumbilder stimmten das Publikum auf den Auftritt von Prof. Dr. Matthias Neubert ein. Neubert ist in Siegen geboren und aufgewachsen, studierte an den Universitäten Siegen und Heidelberg Physik, war als Wissenschaftler weltweit an Hochschu-len tätig und leitet seit 2012 das Exzellenzcluster(ein besonders hochrangiges Forschungsprojekt) PRISMA und das Institut Physik an der Universität Mainz.

Die Dunkle Materie ist sein Thema. Die Partikel machen 80 Prozent des Universums aus. Sie sind  durch die Gravitation nachweisbar, aber nicht sichtbar – daher Dunkle Materie. Neubert führte das Publikum mit seinem faszinierenden Vortrag vom ganz Großen ins ganz Kleine, vom Universum zu den Elementarteilchen und wieder zurück. „Ich versuche das Ganze ohne Gleichungen zu machen, obwohl Physik ohne Gleichungen eigentlich nicht geht“, sagte Neubert schmunzelnd. Und natürlich tauchte hier und dort doch eine Formel auf. Aber der erfahrene Professor nahm seine Zuhörer:innen gekonnt mit, erläuterte theoretische Hintergründe und die experimentellen Versuche zur Dunklen Materie zum Beispiel  am größten Teilchenbeschleuniger der Welt, dem „Large Hadron Collider“ am Genfer CERN oder auch am Beschleuniger, der derzeit an der Universität Mainz entsteht. „Fragen Sie nicht: Was kann man mit Dunkler Materie anfangen?“, betonte Neubert. „Es ist die Neugier, die uns antreibt. Wenn nur ein kleiner Teil des Universums aus Materie besteht und alles andere Dunkle Materie ist, dann wollen wir wissen, was das ist.“ Die zeitlichen Dimensionen sind groß. Einzelne Experimente laufen über 20.000 Arbeitsstunden. „Und ob wir am Ende ein Ergebnis haben, das unsere Theorie belegt oder eben widerlegt, ist völlig offen.“

Nach dem Vortrag setzte sich Alexander Breitenbach wieder ans Klavier, diesmal zusammen mit Eleftheria Malami. Die Wissenschaftlerin in der theoretischen Teilchenphysik hatte sich zu Beginn der Veranstaltung schon als Sängerin („Time Waits for No One“) präsentiert. Nun spielten die beiden vierhändig die Metallica-Ballade „Nothing Else Matters“ und Prof. Lenz tauschte den Anzug gegen ein wei-ßes Bühnenoutfit. Mit seiner Frau, Dr. Marion Lenz, tritt er regelmäßig als Akrobatik-Duo „formafortis“ auf. Im Apollo-Theater zeigten sie ein kraftvoll-poetisches Programm, das ein spektakuläres Ausrufezeichen ans Ende der Veranstaltung setzte.

Nach dem gelungenen Auftakt könnte sich „Physik im Apollo“ als Reihe gut etablieren. Bürgermeister Steffen Mues würde es freuen. „Das ist die gelebte Verbindung von Uni und Stadt, und die große Resonanz zeigt, wie stark das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Wissenschaft ist.“

Bereits am Nachmittag hatten viele Besucher:innen die Gelegenheit genutzt, um sich im Foyer des Theaters über Forschungsprojekte der Physik zu informiert und mit Studierenden und Wissenschaftler:innen der Universität Siegen ins Gespräch zu kommen.

Die Physiker der Uni Siegen sind übrigens auch bei Instagram als „Subatomic Heroes“ unterwegs: https://www.instagram.com/subatomic_heroes

Im Detail

„Physik im Apollo“ war Teil der internationalen CHARM 2023-Konferenz an der Universität Siegen. Hier kamen internationale Physiker:innen die auf dem Gebiet der Charm-Physik arbeiten, zusammen, um die neuesten Ergebnisse auf diesem Gebiet zu diskutieren. Charm ist der Name eines Quarks, also eines Elementarteilchens. Der Name des Charm-Quarks soll darauf zurückzuführen sein, dass die Theoretiker, die seine Existenz vorhersagten, dieses Teilchen reizvoll (charming) fanden, weil sich so Probleme mit der theoretischen Beschreibung der schwachen Kraft beseitigen ließ.

Aktualisiert um 11:15 am 25. Juli 2023 von Thomas Reppel

„Die Universität entscheidend mitgestaltet“

Mit einer letzten Vorlesung verabschiedete sich Professor Dr. Jürgen Jensen in den Ruhestand: Über 30 Jahre hatte er an der Universität Siegen den Lehrstuhl für Hydromechanik, Binnen- und Küstenwasserbau inne.

Aus ganz Deutschland und sogar aus den USA waren sie angereist: Familie, Freunde, Kolleg*innen, ehemalige Mitarbeit*innen und Doktorand*innen, von denen inzwischen viele selbst Professuren an nationalen und internationalen Universitäten innehaben. Auch zahlreiche Angehörige der Uni Siegen sowie Vertreter*innen aus der Region waren in die Aula des Paul Bonatz-Campus gekommen. Nach über 30 Jahren Forschung und Lehre am Siegener Lehrstuhl für Hydromechanik und Wasserbau hatte Prof. Dr. Jürgen Jensen zur Abschiedsvorlesung geladen. Unter dem Titel „Meine Retrospektive ‚Wasser(bau)‘ – vom Lebenselixier zur Sintflut“ sprach er ein letztes Mal im Hörsaal über sein großes Thema: „Die Faszination Wasser ist das, was mich mein ganzes Leben lang begleitet hat und bis heute wissenschaftlich beschäftigt.“

1991 war Jensen an die Universität Siegen berufen worden. Für ihn damals das „große Los“, wie der gebürtige Nordfriese und Schleswig-Holsteiner rückblickend feststellte: „Nie zuvor hatte ich solche Möglichkeiten, mich beruflich und wissenschaftlich zu verwirklichen.“ Möglichkeiten, die Jensen voll ausschöpfte: 1994 gründete er an der Uni Siegen das renommierte Forschungsinstitut Wasser und Umwelt (fwu). Seinen Lehrstuhl baute er zu einem der erfolgreichsten der Universität aus – mehr als 250 nationale und internationale Forschungsvorhaben im Binnen- und Küstenwasserbau setze er als Projektleiter zusammen mit seinem Team um. Er warb insgesamt rund 14,5 Mio. Euro Drittmittel ein und betreute mehrere hundert Abschlussarbeiten von Studierenden sowie 25 Promotionen. Als Dekan des Fachbereichs Bauingenieurwesen überführte Jensen den Fachhochschulstudiengang Bauingenieurwesen 2004 in einen universitären Studiengang mit Promotionsrecht.

Jensen habe die Universität „in einer Vielzahl von Funktionen und Aktivitäten ganz entscheidend mitgestaltet“, sagte der Prorektor für Digitales und Regionales, Prof. Dr. Volker Wulf in seinem Grußwort. Auch Uni-Kanzler Ulf Richter dankte Jensen für sein großes Engagement für die Universität und die Region: „Das ist nicht selbstverständlich. Aber man merkt, wie sehr Sie für diesen Job gebrannt haben und immer noch brennen.“ Der Sprecher des Departments Bauingenieurwesen, Prof. Dr. Daniel Pak, erinnerte daran, dass Jensen in seinem Wasserbaulabor unter anderem auch den Abriss der „Siegplatte“ in der Siegener Innenstadt wissenschaftlich begleitete: Einer riesigen Betonplatte, die über viele Jahrzehnte den Fluss Sieg überdeckte und als Parkfläche für Autos diente. Während seiner Berufungsverhandlungen im Herbst 1991 mit dem Rektor der Uni Siegen habe er seiner Frau empfohlen, sich die Siegener Innenstadt anzuschauen und an der Sieg entlang spazieren zu gehen, erinnerte sich Jensen lachend: „Aber als wir uns wiedertrafen, sagte mir meine Frau, sie habe den Fluss nicht finden können. Ich bin auch rückblickend sehr stolz darauf, dass ich das Projekt ‚Siegen – zu neuen Ufern‘ und den damit verbundenen Abriss der Siegplatte begleiten konnte. Siegen ist dadurch viel lebenswerter geworden.“

In seiner Vorlesung beschrieb Jensen die Ambivalenz „seines“ Elementes Wasser: Einerseits wichtigstes Lebensmittel und ältester Energieträger – andererseits im Zusammenhang mit Extremwetterereignissen potenziell lebensbedrohlich. In international beachteten Forschungsprojekten hat Jensen mit seinem Team die Auswirkungen des Klimawandels auf den Meeresspiegelanstieg untersucht. Auch Sturmfluten und Hochwasserereignisse haben den Wissenschaftler intensiv beschäftigt. Die Flutkatastrophe an der Ahr vor zwei Jahren habe ihn „zutiefst beeindruckt“, sagte Jensen: „An der Ahr wurde sehr viel falsch gemacht, wir Menschen tragen eine große Mitverantwortung dafür, dass die Schäden so groß waren.“ Jensen appellierte in diesem Zusammenhang auch anhand der historischen Sturmflutkatastrophen an der Nord- und Ostsee über die letzten 1000 Jahre sowie des Magdalenen-Hochwassers von 1342 eindringlich, aus der Vergangenheit zu lernen: „Es gab schon in früheren Jahren extreme Hochwasser in Deutschland. Diese sollten wir uns genau anschauen, um den zukünftigen Hochwasserschutz zu verbessern. Tote durch Starkregen, Sturmfluten und Hochwasser sind absolut inakzeptabel – wir müssen daran arbeiten, das künftig zu verhindern.“

Musikalisch begleitet wurde die Abschiedsvorlesung von Heiko Ogorek und Sascha Lecher, die mit Akustik-Gitarren und Gesang Songs von den Beatles, Pink Floyd, Fleetwood Mac und Bruce Springsteen präsentierten. Zum Ausklang des Abends lud Prof. Jensen in norddeutscher Tradition zu kühlen Getränken und Fischbrötchen ein.

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Aktualisiert um 17:51 am 14. Juli 2023 von g040107

Siegener Physiker erforschen kosmische Strahlung

Wissenschaftler der Universität Siegen haben für ihre Forschung am Pierre-Auger-Observatorium in Argentinien mehr als eine halbe Million Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erhalten. Damit können sie ihre Arbeit bis zunächst 2026 fortsetzen.

Wissenschaftler:innen aus aller Welt erforschen am Pierre-Auger-Observatorium in Argentinien kosmische Strahlung, die aus dem Weltall auf die Erdatmosphäre trifft. Dabei handelt es sich um hochenergetische Teilchen, deren Natur und Ursprung noch unbekannt sind. Seit fast 20 Jahren sind auch Wissenschaftler der Universität Siegen an diesem weltweit größten Experiment zur Messung kosmischer Strahlung beteiligt. Im Verbund mit vier weiteren deutschen Universitäten arbeiten sie sowohl an der physikalischen Interpretation der Messdaten als auch an der Weiterentwicklung der Messtechnik. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt der Uni Siegen dafür nun bis 2026 weitere knapp 600.000 Euro Fördermittel zur Verfügung.

„Wir freuen uns sehr über diese Förderung, die auch eine Bestätigung unserer bisherigen Forschungsleistungen am Pierre-Auger-Observatorium ist“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Markus Cristinziani vom Department Physik der Uni Siegen. Zusammen mit seinen Kollegen Prof. Dr. Markus Risse und Dr. Marcus Niechciol ist er an dem Observatorium in der argentinischen Pampa tätig. Auf einer Fläche, die fast dreimal so groß ist wie der Kreis Siegen-Wittgenstein, sind dort mehr als 1.600 mit Detektoren ausgestattete Wassertanks installiert. Sie können die kosmische Strahlung zwar nicht direkt messen, wohl aber von der Strahlung ausgelöste sogenannte „Luftschauer“. Dabei handelt es sich um kleinste Teilchen, die wie ein Schauer auf den Erdboden gelangen und dabei in den Wassertanks kurze Lichtblitze erzeugen, die von den Detektoren erfasst werden können.

Die Universität Siegen ist in der kommenden Förderperiode an einem Upgrade der Messtechnik beteiligt: Sämtliche Detektoren wurden bereits mit Radio-Antennen ausgestattet um neben den Lichtblitzen im Wasser auch Radiosignale messen zu können, die während der Luftschauer abgegeben werden. „In den kommenden drei Jahren möchten wir die Elektronik zur Auslesung und Kalibrierung der Antennen noch weiter aufrüsten, um noch präzisere Messergebnisse zu erhalten“, erklärt Prof. Cristinziani. Die entsprechende Technik soll zunächst im Siegener Labor entwickelt und anschließend vor Ort in Argentinien getestet werden.

Im Rahmen eines zweiten Hardware-Projektes arbeiten die Siegener Physiker außerdem daran, die Elektronik sowie das System zur Datenerfassung so zu ertüchtigen, dass damit auch terrestrische Gamma-Blitze gemessen werden können. Dabei handelt es sich um plötzliche Blitze sehr energetischer Gamma-Strahlen. Die Forscher möchten unter anderem herausfinden, ob es einen Zusammenhang zwischen Gamma-Blitzen und Gewittern gibt. Um das überprüfen zu können, müssen die Messungen jedoch über einen längeren Zeitintervall durchgeführt werden, als mit dem bisherigen Stand der Technik möglich.

Neben der technischen Weiterentwicklung sind die Siegener Wissenschaftler auch an der physikalischen Analyse der Messdaten beteiligt. Ihre Expertise liegt hier insbesondere in der Suche nach winzigen Lichtteilchen, den sogenannten ultrahochenergetischen Photonen – in diesem Bereich ist Siegen weltweit führend. „Dass solche Photonen bei kosmischen Prozessen eine Rolle spielen, ist physikalisch bewiesen. In der Praxis ist es bisher aber noch nicht gelungen, ein solches Photon auch tatsächlich bei den höchsten Energien zu messen“, erklärt Dr. Marcus Niechciol. Er und seine Kollegen möchten die Suche nach Photonen daher intensivieren: Dazu soll ein Analyseprogramm implementiert werden, das Ereignisse registriert, zu denen Photonen auftreten könnten – und dann vollautomatisch die entsprechenden Messdaten auswertet.

In einer zweiten Analyselinie soll gezielt nach Punktquellen von Photonen gesucht werden – also winzigen Punkten am Himmel, die auf den Ursprung eines Photons hinweisen. Durch ein technisches Upgrade möchten die Wissenschaftler die Punktquellen-Suche auf 24 Stunden pro Tag ausweiten. Bisher ist sie nur nachts möglich. „Wenn die Natur uns gnädig ist, könnte es uns tatsächlich in absehbarer Zeit gelingen, ein ultrahochenergetisches Photon zu finden“, hofft Niechciol. „Das wäre ein riesiger Erfolg und ein wichtiges Puzzleteil, um das Rätsel der kosmischen Strahlung eines Tages lüften zu können.“

Hintergrund:
Die Universität Siegen forscht bereits seit 2004 am Pierre-Auger-Observatorium. Die Wissenschaftler arbeiten dabei im Verbund mit Kolleg:innen der Universität Wuppertal, der RWTH Aachen, dem Karlsruher Institut für Technologie und der Universität Hamburg. Insgesamt sind am Pierre-Auger-Observatorium rund 400 Wissenschaftler:innen aus 18 verschiedenen Nationen beteiligt.

Kontakt:
Prof. Dr. Markus Cristinziani (Projektleiter)
Tel.: 0271 740 3629
E-Mail: Markus.Cristinziani@uni-siegen.de

Dr. Marcus Niechciol
Tel.: 0271 740 3717
E-Mail: niechciol@physik.uni-siegen.de

Fotos:  Pierre-Auger-Observatorium, S. Saffi (University of Adelaide); Pierre-Auger-Observatorium

Aktualisiert um 13:00 am 12. Juli 2023 von Thomas Reppel

„Physik im Apollo“: Der Dunklen Materie auf der Spur

Am Dienstag, 18. Juli 2023 startet im Siegener Apollo-Theater die neue Veranstaltungsreihe „Physik im Apollo“. Bei freiem Eintritt gibt es einen Vortrag zum Thema „Der Dunklen Materie auf der Spur“ – außerdem Infos zur physikalischen Forschung an der Uni Siegen, Musik und Akrobatik.

Physiker:innen gehen davon aus, dass rund 80 Prozent der Materie im Universum aus einem unsichtbaren und bislang unbekannten Stoff besteht: der Dunklen Materie. Mit Experimenten tief in der Erde und am größten Teilchenbeschleuniger der Welt, dem „Large Hadron Collider“ am Genfer CERN suchen Wissenschaftler:innen weltweit nach Partikeln der Dunklen Materie. Um diese spannende Suche, das Wissen, das wir bereits über das Universum haben und noch offene Fragen geht es im Vortrag „Der Dunklen Materie auf der Spur“ am 18. Juli 2023 im Siegener Apollo-Theater. Vortragender ist der Leiter des Mainzer Physik-Exzellenzclusters „PRISMA+“ und gebürtige Siegener Prof. Dr. Matthias Neubert. Die Veranstaltung ist Auftakt zur neuen Reihe „Physik im Apollo“: In regelmäßigen Abständen möchten Physiker:innen dabei ihre spannenden Themen auf der Theaterbühne einem breiten Publikum präsentieren.

„Die Physik untersucht die uns umgebende Natur – von den Atomen und den sie bildenden Elementarteilchen bis hin zum gesamten Universum. Wie physikalische Forschung funktioniert, welche Erkenntnisse sie bringt und welche technologischen Fortschritte sie ermöglicht, möchten wir im Rahmen von ‚Physik im Apollo‘ verständlich und nachvollziehbar vermitteln“, erklärt der Physikprofessor und Organisator der Reihe, Alexander Lenz von der Uni Siegen. Die Vorträge richten sich dabei an ein breites Publikum, physikalische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Der Eintritt ist frei.

Neben dem Abendvortrag von Prof. Dr. Matthias Neubert erwarten die Besucher:innen am 18. Juli auch künstlerische Darbietungen. Das Besondere: Auch bei den Künstler:innen handelt es sich um Physikerinnen und Physiker der Universität Siegen. Der Physikstudent Alexander Breitenbach (Piano) und Eleftheria Malami, Wissenschaftlerin in der theoretischen Teilchenphysik (Piano, Gesang) präsentieren gemeinsam eine Piano-Suite von Hans Zimmer und den Song „Time waits for No One“ von Freddie Mercury.

Ein weiteres Highlight ist der Auftritt des Akrobatik-Duos „formafortis“: Physikprofessor Alexander Lenz lotet gemeinsam mit seiner Ehefrau und Akrobatik-Partnerin Dr. Marion Lenz die Gültigkeit des Gravitationsgesetzes aus. Begleitet werden sie dabei von Breitenbach und Malami mit einer Instrumentalversion der Metallica-Ballade „Nothing Else Matters“ (Klavier für vier Hände).

„Wir haben im Siegener Physik-Department ein paar besondere Talente in unseren Reihen. Wenn wir schon eine so tolle Bühne wie im Siegener Apollo-Theater zur Verfügung haben, möchten wir das auch ausnutzen. Das wird auf jeden Fall ein unterhaltsamer und abwechslungsreicher Abend“, freut sich Prof. Lenz.

Das Abendprogramm beginnt um 19 Uhr mit einem Grußwort des Siegener Bürgermeisters Steffen Mues. Anschließend folgen der Abendvortrag und die musikalischen und akrobatischen Darbietungen. Bereits ab 17 Uhr stellen sich im Foyer des Apollo-Theaters die verschiedenen Arbeitsgruppen des Departments Physik der Universität Siegen vor. Hier können sich alle Interessierten über Forschungsschwerpunkte der experimentellen und theoretischen Physik informieren: Von der Erforschung des Top-Quarks als schwerstem bekanntem Elementarteilchen über das Quanten-Computing, zweidimensionale Materialien bis hin zu hochenergetischer, kosmischer Strahlung. Studieninteressierte bekommen außerdem einen Überblick über die Inhalte und Schwerpunkte der Physik-Studiengänge an der Uni Siegen.

Kontakt:
Prof. Dr. Alexander Lenz (Theoretische Elementarteilchenphysik)
E-Mail: Alexander.lenz@uni-siegen.de
Tel.: 0271 740 3890

 Prof. Dr. Alexander Lenz und seine Frau Dr. Marion Lenz sind zusammen das Akrobatik-Duo „formafortis“.

Aktualisiert um 12:56 am 12. Juli 2023 von Thomas Reppel

Knochenimplantate aus dem 3D-Drucker verbessern

Die ersten Probedrucke zeigen die Möglichkeiten der Anlage und dienen der Kalibrierung.

Wissenschaftler:innen der Universität Siegen simulieren Bruchvorgänge am Computer und können so zur Optimierung von Knochenersatz aus dem 3D Drucker beitragen.

Ein Unfall, eine schwere Krankheit oder schlicht Verschleiß – in manchen Fällen sind die Knochen von Patient:innen nicht mehr zu retten. Künstlicher Ersatz muss her. Titan-Implantate haben sich dabei als stabil, belastbar und langlebig herausgestellt.

In den vergangenen Jahren ist das Verständnis gewachsen, dass Implantate nicht gebaut werden können als seien sie Bauteile eines Autos. Vielmehr müssen sie Teil des Organismus werden, mit dem biologischen System interagieren und dessen Regeneration soweit unterstützen, bis der Körper wieder in der Lage ist, sich selbst zu helfen. Knochen-Implantate werden daher seit kurzem via 3D-Drucker mit einer sehr komplexen Mikro-Struktur produziert. Diese Struktur ermöglicht es, dass Knochenzellen und Blutgefäße in das Implantat einwachsen können und eine Verbindung zur erhaltenen Knochensubstanz herstellen.

An der Weiterentwicklung und Optimierung der Mikrostruktur solcher Knochenimplantate arbeiten Prof. Dr. Christian Hesch vom Lehrstuhl Numerische Mechanik gemeinsam mit Prof. Dr. Tamara Reinicke vom Lehrstuhl für Produktentwicklung an der Universität Siegen. Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts wird die sehr komplexe Mechanik dieser neuen Generation von Implantaten untersucht, so dass eine computergestützte Simulation des Verhaltens bis zum Bruch des Implantates erstmals möglich wird. „Wir beginnen erst das mechanische Verhalten dieser Implantate im Zusammenspiel mit dem Körper der Patienten zu verstehen. Dabei spielt die Mikro-Geometrie der 3D gedruckten Implantate bei normalen Belastungen, aber auch beim Versagen eine wesentliche Rolle.  Letzteres ist für den Patienten besonders schlimm, da ein Versagen von außen selbst mit modernen Computertomographen nur sehr schwer zu erkennen ist“, erklärt Prof. Dr. Hesch. Versagen kann in dem Fall ein Bruch des Implantates, aber auch eine Lockerung in seiner Einbaulage sein.

Die Wissenschaftler arbeiten in der Numerischen Mechanik in der Grundlagenforschung, u.a. an Simulationen und Modellierungen von komplexen Materialien. Im Fall der Implantate müssen Informationen aus den verschiedenen Skalen (Sub-Millimeter Skala in den filigranen Strukturen, Zentimeter Skala für das gesamte Implantat) zusammengeführt werden, um eine effiziente Simulation dieser Materialien mit Mikrostruktur zu ermöglichen. Dies dient zum einen der Minimierung der Rechnerleistung und der dabei verbrauchten Energie für die Simulationen, zum anderen ermöglicht es auch die vielen Simulationsrechnungen, die für eine Optimierung der Implantate notwendig sind.

Das Projekt wird von der DFG mit 372.000 Euro gefördert. Darin enthalten sind die Kosten für die experimentellen Untersuchungen verschiedener 3D Strukturen mit Hilfe eines 3D Laserdruckers an der Universität Siegen.

Prof. Dr. Tamara Reinicke vom Lehrstuhl für Produktentwicklung und Prof. Dr. Christian Hesch vom Lehrstuhl Numerische Mechanik arbeiten an der Optimierung der Mikrostruktur von Knochenimplantaten.

Aktualisiert um 10:28 am 12. Juli 2023 von Thomas Reppel

Zweite Ausgabe des Workshops „Heavy Flavour – Quo vadis?

Prof. Tim Gershon, Warwick University, LHCb collaboration. Foto: Alexander Lenz

Vom 20. – 22.6.2023 fand die zweite Ausgabe des Workshops „Heavy Flavour – Quo vadis?“ in Ardbeg, Schottland statt.

Die Absicht dieser Veranstaltung war 30 Weltexperten auf dem Gebiet der Quark-Flavour-Physik an einem entlegenen Ort zusammenzubringen und den Status Quo und die Zukunft dieses Feldes zu diskutieren.

Die Abgelegenheit von Islay stellte sicher, das sich kein Teilnehmer den abendlichen Diskussionen entziehen konnte und sie wirkte sich auch positiv auf das Reisebudget der Teilnehmer aus.

Ardbeg war von der Doppeldeutigkeit des Ausdruckes „Heavy Flavour“ – zum einen um deren eigene geistreichen Produkte zu beschreiben und zum anderen unser Forschungsfeld das die Eigenschaften von schweren Quarks studiert  – so angetan, dass uns wieder Räume in der Destillerie zur Verfügung gestellt wurden um den Workshop durchzuführen.

Wissenschaftlich drehten sich viele Diskussionen um die sogenannten B-Anomalien, Diskrepanzen zwischen experimentellen Messungen und theoretischen Vorhersagen im Rahmen des Standardmodells der Teilchenphysik. Würden sich diese Anomalien als reale Effekte manifestieren, dann hätte dies das Potential unser Verständnis vom Mikrokosmos zu revolutionieren. Daher ist es nun extrem wichtig nach möglichen experimentellen oder theoretischen Effekten innerhalb des Standardmodells zu suchen, die die obigen Diskrepanzen vortäuschen könnten. In diesem Umfeld gab es viele lebhafte Diskussion mit unterschiedlichen Meinungen, bezüglich des Zukunft unseres Forschungsfeldes war man sich hingegen einig, dass diese sehr rosig aussieht.

Die Veranstaltung wurde federführend von TP1, Department Physik, Universität Siegen organisiert und finanziell von  IPPP, Durham University und Edinburgh University unterstützt.

Gruppenbild der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops. Foto: Alexander Lenz

Aktualisiert um 12:15 am 10. Juli 2023 von Thomas Reppel

Exkursion zum Forschungszentrum Jülich

Physik-Studierende der Universität Siegen haben im Rahmen der Vorlesung „Einführung in Gittereichfeldtheorie“ am 26. Juni 2023 das Jülich Super Computing Centre (JSC) besucht.


Die erstmalig von Dr. Oliver Witzel angebotene Veranstaltung diskutiert wie Quantenfeldtheorien zur Beschreibung von Elementarteilchen numerisch auf Supercomputern simuliert werden. Insbesondere die Theorie der starken Wechselwirkung, die sogenannte Quantenchromodynamik (QCD), welche die Bindung von Protonen und Neutronen zu Atomkernen, sowie auf einer fundamentaleren Ebene die Bindung von Quarks und Gluonen zu Protonen und Neutronen beschreibt, entzieht sich einer analytischen Behandlung. Die Grundidee zur numerischen Lösung der QCD besteht in der Diskretisierung des dreidimensionalen Raumes und der Zeit – man erhält dadurch ein vierdimensionales Raum-Zeit-Gitter. Betrachtet man ein Gitter mit je 48 Raum- und 96 Zeitpunkten, so erhält man bereits mehr als 10 Millionen (48^3 * 96) Raum-Zeit-Punkte, zu deren Simulationen (im Fachjargon: Markov-Ketten Monte Carlo Simulationen) Höchstleistungsrechner benötigt werden.

Das JSC am Forschungszentrum Jülich ist eines von drei Höchstleistungsrechenzentren in Deutschland und von besonderer Bedeutung für Berechnungen der Gitter QCD. Im Rahmen des Besuchs konnten die Studierenden den aktuellen Supercomputer „Juwels“ besichtigen, der aus einem „Cluster“ Modul mit CPU basierter Rechenleistung und dem „Booster“ Modul auf GPU-Basis besteht. Die Unterschiede der Rechenarchitekturen hat Prof. Dr. Stefan Krieg (JSC, Universität Bonn) erläutert, sowie einen Ausblick auf die Anforderungen für die kommende Generation der Exa-Scale (10^18 Rechenoperationen pro Sekunde) Computer gegeben. Neben der Rechenleistung sind auch Fragen des Stromverbrauchs und der Kühlung relevant. Anschließend hat die Gruppe JUNIQ besucht, ein Quantenannealer mit 5000 Qubits und das erste derartige System in Europa. Dr. Fengping Jin und Kunal Vyas haben eine kurze Einführung in die Eigenschaften und Vorzüge JUNIQs gegeben. Quantenannealer sind Quantencomputer, die für Berechnungen auf Basis des Hamiltonian des Ising Modells optimiert sind.

Ein weiteres Highlight des Besuchs am Forschungszentrum war eine Führung entlang des 1200 m^2 großen Reinraum der Helmholtz Nano Facility (HNF). HNF Direktor Dr. Wolfgang Albrecht erläuterte, wie hier nano und atomare Strukturen hergestellt werden, die unter anderem im Bereich des Quantencomputing Anwendung finden. Diese Arbeiten erfordern sowohl eine besondere Reinheit der Umgebung und der Luft, als auch das Einflüsse durch Schwingungen und Vibrationen minimiert werden.

Zum Abschluss gab es noch eine Besichtigung des COSY (Cooler Synchroton) am Institut für Kernphysik durch Dr. Alexander Nass. Hier wird Grundlagenforschung mit polarisierten Protonen- oder Deuteriumstrahlen durchgeführt, welche Rückschlüsse auf Effekte der QCD ermöglichen.

Aktualisiert um 12:06 am 10. Juli 2023 von Thomas Reppel

Erfolgreich bei der NRW Nano-Konferenz

Die Uni Siegen kam bei der Verleihung des „Best Exhibitor Award“ auf Platz 2. Im Bild (von links): Paul Kienitz, Dr. Julian Müller, Renée Hoffmann, Dr. Andreas Bablich und Florian Sledz.

Auf der NRW Nano-Konferenz in Dortmund präsentierte die Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät an ihrem Messestand aktuelle Forschung auf den Gebieten der Nanotechnologie, Nanoanalytik, Nanochemie und Nano-Quantenoptik. Mit ihrem innovativen Stand erzielte die Uni Siegen den 2. Platz bei der Verleihung zum „Best Exhibitor Award“.

Die NRW Nano-Konferenz ist Deutschlands größte Konferenz im Bereich der Nanotechnologie. Die  Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät der Universität Siegen war in Dortmund mit dabei und präsentierte disziplinenübergreifend aktuelle Nanoforschung. Die Wissenschaftler*innen  bewarben damit auch das interdisziplinäre Forschungszentrum INCYTE, das derzeit am Campus Adolf-Reichwein-Straße entsteht. Hier werden die Kompetenzen der vier Disziplinen Nanotechnologie, Nanoanalytik, Nanochemie und Nanophysik sowie Forschungsinfrastrukturen unter einem Dach gebündelt. Jeder der vier Forschungsbereiche war auf der Nanokonferenz  vertreten.

Aufgrund der spannenden und anwendungsorientierten Darstellung komplexer Nanoforschung wurden Dr. Andreas Bablich, Paul Kienitz, Dr. Julian Müller, Florian Sledz und Renée Hoffmann stellvertretend für die Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät mit dem 2.Platz des „Best Exhibitor Award“ ausgezeichnet und erhielten ein Preisgeld von 200 Euro.

„Dem Motto der Konferenz ‚Innovations in Materials and Applications‘ folgend, stand auf der diesjährigen Messe primär das praktische Erleben innovativer Nanoforschung im Vordergrund“, berichtet Dr. Andreas Bablich, der seit 2014 den Messestand der NT-Fakultät plant und organisiert.

„Neben hoch innovativer Forschung zeichnet sich unsere Fakultät durch die disziplinenübergreifend sehr gute und enge Zusammenarbeit aus. Es freut mich sehr, dass der betriebene Aufwand aller Beteiligter mit dieser Auszeichnung gewürdigt wurde“, so Dr. Bablich. Von der Jury wurde insbesondere ein Sensor hervorgehoben, der es ermöglicht mit einer Atomlage Kohlenstoff, bekannt als Graphen, Abstände präzise zu messen. Zudem konnten live per Remote-Control auf ein Transmissions-Elektronenmikroskop in Siegen zugegriffen und Oberflächenstrukturen auf Nanometerskala untersucht werden. Neben einem Quantensensor zur Magnetfelddetektion wurden intelligente Polymer-Nanostrukturen den Besucher*innen nähergebracht, die es ermöglichen temperaturselektiv Zellen zu untersuchen und zu reinigen.

Ein spezielles Highlight war zudem der Besuch von Mona Neubaur, NRW-Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie am Stand der Universität Siegen. „Es ist großartig, dass die vielfältigen Innovationsimpulse der Universität Siegen eine so hohe Beachtung finden“, freute sich Prof. Dr. Peter Haring Bolívar. „Ministerin Neubaur war von unserem interdisziplinären Forschungsansatz beeindruckt und hat daher unseren Stand als ersten universitären Stand besucht, zusammen mit weltweit anerkannten Wissenschaftlern wie Heike Riehl vom IBM Forschungslabor in Rüschlikon.“

Prof. Dr. Peter Haring Bolívar erläutert NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur den interdisziplinären Forschungsansatz am Beispiel neuer 3D Sensoren aus Graphen. (Foto: NMWP.NRW, André Sarin)

Aktualisiert um 7:48 am 5. Juli 2023 von Thomas Reppel

Vom Austausch-Studenten zum Forschungs-Stipendiaten

Zwischen dem Siegener Physikprofessor Carsten Busse und dem Physiker Borna Pielić besteht seit mehr als zehn Jahren eine Verbindung. Aus dem Austausch-Studenten ist inzwischen ein festes Mitglied in Busses Arbeitsgruppe geworden – dank eines Marie Curie-Forschungsstipendiums.

Vor mehr als zehn Jahren haben sich die beiden Physiker Dr. Borna Pielić und Professor Dr. Carsten Busse zum ersten Mal getroffen: Der aus Kroatien stammende Pielić war damals als Austauschstudent an die Uni Köln gekommen, Busse arbeitete am Physikalischen Institut. In den folgenden Jahren riss der Kontakt zwischen beiden nie ab: Pielić absolvierte an der Uni Zagreb sein Physikstudium, Busse übernahm nach einer Zwischenstation in Münster 2017 die Professur für Festkörperphysik an der Universität Siegen. Immer wieder besuchte Pielić Prof. Busse in diesen Jahren, um gemeinsam im Labor zu experimentieren und sich über die Forschungsergebnisse auszutauschen. Seine Doktorarbeit in der Tasche, ist Pielić aktuell wieder an der Uni Siegen. Diesmal wird er jedoch mindestens zwei Jahre bleiben, um seine wissenschaftliche Karriere in der Arbeitsgruppe „Festkörperphysik“ von Busse fortzusetzen.

Möglich wird der langfristige Forschungsaufenthalt durch ein Marie Sklodowska-Curie Forschungsstipendium. Mit Unterstützung von Busse hatte sich Pielić im Rahmen des renommierten, europaweiten Förderprogramms beworben. „Der Wettbewerb ist extrem groß, weniger als 20 Prozent der Bewerberinnen und Bewerber haben Erfolg und bekommen ein Stipendium für ihr Forschungsvorhaben. Ich bin sehr glücklich, dass es geklappt hat – ohne die Hilfe von Carsten Busse und Peter Stolpp vom Referat Forschungsförderung der Uni Siegen wäre das nicht möglich gewesen“, sagt Pielić. Auch Busse ist froh über den Erfolg seines „Schülers“: „Als ich jung war, habe ich mich selbst einmal um ein Marie Curie-Stipendium beworben. Ich habe es damals nicht bekommen, umso mehr freue ich mich jetzt für Borna.“

Was die beiden Physiker verbindet, ist die Leidenschaft für „ultradünne Schichten“ – neuartige, zweidimensionale Materialien mit besonderen physikalischen Eigenschaften. Pielićs Interesse gilt dabei speziell Halbleitern, die aus mehreren dieser ultradünnen Schichten zusammengesetzt sind. „Aus Halbleitern werden Computerchips gebaut, die für sämtliche digitalen Geräte benötigt werden. Der Trend geht dabei dahin, die Bauteile immer kleiner und günstiger zu machen. Unsere Halbleiter sind nur so dick – beziehungsweise dünn – wie ein Atom“, erklärt Pielić.

Um zu überprüfen, ob die Kombination verschiedener Schichten zu einem ultradünnen Halbleiter erfolgreich war, müssen die Physiker kontrollieren, ob die Atome auch wirklich da liegen, wo sie liegen sollen. Dazu nutzen sie eine neue Anlage, die im vergangenen Frühjahr für rund 600.000 Euro angeschafft wurde: Ein spezielles Rastertunnelmikroskop, mit dem man Proben bei extrem niedrigen Temperaturen untersuchen kann. Eine kleine Kammer im Innern des Mikroskops wird dazu auf minus 264 Grad Celsius heruntergekühlt. Diese Temperatur liegt nur neun Grad über dem absoluten Nullpunkt, viel kälter geht es also nicht. „Vermutlich handelt es sich um den kältesten Ort im ganzen Siegerland“, lacht Busse. Der Vorteil für Pielićs Forschungsarbeit: Die Atome der Halbleiter sind quasi „eingefroren“ und bewegen sich nicht, was genauere Messungen ermöglicht.

„Dieses Rastertunnelmikroskop ist wie ein Formel 1-Rennwagen, mit einer so komplexen Anlage umzugehen, ist ein riesiger Lernprozess. Das schaffen wir nur mit qualifizierten Postdoktoranden wie Borna“, sagt Prof. Busse. Aber auch jenseits seiner fachlichen Expertise bereichert der Stipendiat aus Kroatien die zehnköpfige Arbeitsgruppe der Festkörperphysik. „Wir machen auch regelmäßig Musik zusammen. Da Borna hervorragend singt und Keyboard spielt, passt er auch musikalisch wunderbar ins Team“, erklärt Busse.

Hintergrund:
Förderungen in den Marie Sklodowska-Curie Postdoctoral Fellowships richten sich an Forscher*innen die seit der Promotion max. 8 Jahre Vollzeitforschungserfahrung aufweisen. Ziel ist die Ausbildung vielversprechender Forscher*innen für Europa zur Bewältigung aktueller und kommender gesellschaftlicher Herausforderungen. Erfolgreiche Antragsteller*innen erhalten einen vollwertigen Arbeitsvertrag und darüber hinaus Gelder um das geplante Forschungs- bzw. Trainingsprojekt durchzuführen (Training, Networking, Forschung etc.). Rund 7.000 Bewerbungen gingen im Zuge der letzten Ausschreibungsrunde ein. Weitere Infos hierzu gibt es auf der MSCA-Webseite.

Kontakt:
Prof. Dr. Carsten Busse
E-Mail: Busse@physik.uni-siegen.de
Tel.: 0271 740 3583

Aktualisiert um 7:43 am 5. Juli 2023 von Thomas Reppel