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Uni Siegen an ATLAS-Upgrade beteiligt

Seit vielen Jahren forschen Teilchenphysiker*innen der Universität Siegen am ATLAS-Experiment am Genfer CERN. Nun steht der ATLAS-Detektor vor einem größeren Upgrade. Dadurch soll in Zukunft das Potenzial für spannende Entdeckungen steigen.

Woraus besteht unser Universum? Warum haben Teilchen Masse? Und was hat es mit der dunklen Materie auf sich? Das sind nur einige Fragen, zu denen mehr als 3.000 Wissenschaftler*innen aus 38 Ländern am ATLAS-Experiment forschen – einem von vier Großexperimenten am europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf. Gemeinsam betreiben sie einen gigantischen Teilchendetektor, der Elementarteilchen aufspüren kann, die durch Protonenzusammenstöße am Teilchenbeschleuniger „Large Hadron Collider“ (LHC) entstehen. Die Universität Siegen ist zusammen mit 15 weiteren deutschen Institutionen an dem Experiment beteiligt, das gerade auf eine spannende Phase zusteuert: Ab Ende 2026 steht ein umfangreiches Upgrade des ATLAS-Detektors an. Auch bei den Siegener Physiker*innen laufen die Vorbereitungen dafür bereits auf Hochtouren.

„Die Leistung der Grundlagenforschung am CERN und speziell am ATLAS-Experiment ist bemerkenswert. Es wurden bereits fundamentale Entdeckungen gemacht, auf weitere können wir hoffen. Es ist großartig, dass die Universität Siegen ein Teil dieses Großprojektes ist“, sagte Uni-Rektorin Prof. Dr. Stefanie Reese jetzt bei einem Vor-Ort-Besuch am CERN. Auf Einladung von Prof. Dr. Markus Cristinziani, Leiter der Siegener Arbeitsgruppe für experimentelle Teilchenphysik, machte sie sich zusammen mit Prof. Dr. Andreas Kolb, Prorektor für Forschung, Infrastruktur und Vernetzung, ein Bild von der Forschungsarbeit der Physiker*innen.

Der ATLAS-Detektor befindet sich rund 100 Meter unter der Erde und ist etwa halb so groß, wie die Kirche Notre Dame in Paris: Ein Koloss aus Eisen und Stahl, vollgepackt mit hochkomplexen Detektoren. Hauptmerkmal ist ein ringförmiges Magnetsystem mit acht großen Magnetspulen. In der Mitte befindet sich das eigentliche Herzstück: Der Pixeldetektor, eine Kamera mit extrem hoher Auflösung. „Der Pixeldetektor nimmt pro Sekunde 40 Millionen Fotos auf“, erklärt Prof. Cristinziani. Mit dem Detektor lassen sich Elementarteilchen aufspüren, die nur für Bruchteile von Sekunden existieren, bevor sie zerfallen. 2012 gelang am ATLAS-Detektor der Nachweis des seit 1964 vermuteten Higgs-Teilchens. Die präzise Vermessung seiner Eigenschaften zählt weiterhin zu den Forschungsschwerpunkten des Experiments.

Vom nun anstehenden Upgrade des Detektors versprechen sich die Physiker*innen neue analytische Möglichkeiten. Auch der weltweit leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider wird ab Ende 2026 noch einmal technisch ertüchtigt. Läuft alles nach Plan, wird der modernisierte LHC im Jahr 2030 wieder hochgefahren und startet in die so genannte „High Luminosity Phase“. Pro Sekunde sollen dann zehn Mal mehr Protonen-Kollisionen in den Detektoren der angeschlossenen Experimente stattfinden als bisher. „Das Potenzial für spannende Entdeckungen wird damit noch einmal deutlich gesteigert“, freut sich Cristinziani. Um dieser höheren „Luminosität“ gerecht zu werden, bekommt der ATLAS-Pixel-Detektor eine neue Elektronik. Rund 300 Module werden aktuell bereits im Reinraum auf dem Siegener Emmy-Noether-Campus angefertigt. Nach eingehenden Tests durch die Siegener Physiker*innen sollen die Module in zwei Jahren in den Detektor eingebaut werden.

Doch die Siegener Arbeitsgruppe steuert nicht nur maßgefertigte Elektronik für den ATLAS-Detektor bei, sondern ist auch an der Analyse der am Experiment gewonnenen Daten beteiligt. International führend ist das Team im Bereich der Top-Quark-Physik. Das Top-Quark ist ein Elementarteilchen, das viel Masse besitzt, jedoch innerhalb des Bruchteils einer Sekunde in kleinere Teilchen zerfällt. „Uns interessiert unter anderem die Frage, ob ein Top-Quark in neuartige Teilchen zerfallen kann, die bisher noch nicht beobachtet wurden. Wenn wir davon ausgehen, dass Dunkle Materie Teilchencharakter hat, könnten diese hypothetischen Teilchen die Natur der Dunklen Materie erklären“, sagt Cristinziani.

Ihre Forschung im Bereich der Teilchenphysik möchten die Siegener Physiker*innen in den kommenden Jahren deutlich ausbauen. Zusammen mit den Universitäten Bonn und Dortmund sowie dem Forschungszentrum Jülich beteiligen sie sich an der Exzellenz-Initiative von Bund und Ländern. „Color meets Flavor“ lautet der Titel eines gemeinsamen Exzellenzclusters, das es in die Endrunde des wichtigsten deutschen Forschungswettbewerb geschafft hat. Im kommenden Mai entscheidet sich, ob das Cluster den Zuschlag bekommt. „Allein die Tatsache, dass der Antrag in der letzten Auswahlrunde ist, zeugt von der herausragenden Qualität unserer Forschung in der Teilchenphysik. Sollte das Exzellenzcluster tatsächlich kommen, wäre das für die gesamte Universität wirklich großartig“, erklärt Rektorin Reese.

Hintergrund:
Die Förderung der Siegener ATLAS-Projekte erfolgt im Rahmen des Forschungsschwerpunktes „Physik bei höchsten Energien am Large Hadron Collider“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). In der aktuellen Förderperiode unterstützt das BMBF die Forschungsarbeit der Siegener Physiker*innen am ATLAS-Experiment mit insgesamt 2,1 Millionen Euro.

Kontakt:
Prof. Dr. Markus Cristinziani
Tel.: 0271 740-3629
E-Mail: Markus.Cristinziani@uni-siegen.de

Rektorin Prof. Dr. Stefanie Reese und der Prorektor für Forschung, Infrastruktur und Vernetzung, Prof. Dr. Andreas Kolb (links) besuchten zusammen mit Prof. Dr. Markus Cristinziani das ATLAS-Experiment am Genfer CERN.

Aktualisiert um 12:08 am 19. Februar 2025 von Thomas Reppel.