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Das Potenzial alter Elektroautos nutzen

Foto: RWTH Aachen/Peter Winandy

Ein neues Graduiertenkolleg beschäftigt sich mit dem Recycling von E-Autos. Die Universität Siegen ist mit fünf Lehrstühlen beteiligt – mit dabei sind außerdem Wissenschaftler*innen aus Aachen, Münster und Wuppertal. Das Graduiertenkolleg „Circular E-Cars“ wird mit 8,4 Mio. Euro gefördert.

In Elektroautos werden im Vergleich zu herkömmlichen Automobilen deutlich mehr wertvolle Nichteisenmetalle sowie neuartige Verbund- und Kunststoffe verarbeitet. Das Recycling von Altfahrzeugen hat daher ein enormes Potenzial, das bislang aber nur unzureichend genutzt wird. Aktuelle, manuelle Demontageprozesse sind zeit- und kostenintensiv. Das neue Graduiertenkolleg (GRK) „Circular E-Cars“ setzt genau hier an: Zehn Lehrstühle sowie weitere Einrichtungen der RWTH Aachen, fünf Lehrstühle der Universität Siegen, zwei Arbeitsgruppen der FH Münster, Wissenschaftler*innen des Wuppertal Instituts und der Nachhaltigkeitsinitiative Humboldtn sowie Industrieunternehmen arbeiten im GRK zusammen. Gemeinsam möchten sie das Rheinische Revier zu einem europaweit führenden Standort für Forschung, Entwicklung und Innovation von metallfokussierten Kreisläufen von Elektroautos entwickeln. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben in den kommenden vier Jahren mit 8,4 Millionen Euro – davon gehen 1,8 Millionen Euro an die Uni Siegen.

„Auf Siegener Seite sind wir mit einer Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen an dem Graduiertenkolleg beteiligt. Spezielle Expertise können wir insbesondere im Bereich der additiven Fertigung sowie bei Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) einbringen. Auch die hochmoderne Ausstattung unseres Forschungsgebäudes INCYTE, das im kommenden Frühjahr eröffnet wird, wird der gemeinsamen Forschungsarbeit zugutekommen“, sagt der Siegener Sprecher des GRK, Prof. Dr.-Ing. Axel von Hehl. „Die Einrichtung des Graduiertenkollegs ist ein großer Erfolg für alle Beteiligten und Ausweis einer hervorragenden partnerschaftlichen Zusammenarbeit. Dazu gratuliere ich herzlich. Die Förderung von Doktorandinnen und Doktoranden ist zudem ein wichtiges Anliegen unserer Universität“, sagt die Siegener Uni-Rektorin Prof. Dr. Stefanie Reese. Am Standort Siegen entstehen im Rahmen des Graduiertenkollegs fünf neue Doktorand*innen-Stellen.

„Die Vision des Vorhabens besteht darin, neue Wege in der Kreislaufwirtschaft verschiedener Stoffströme von E-Cars zu gehen und im Rheinischen Revier zu etablieren“, erklärt der Sprecher des Graduiertenkollegs, Professor Peter Letmathe vom Lehrstuhl für Controlling der RWTH Aachen.

Im Bereich der Rezyklierfähigkeit werden in „Circular E-Cars“ neuartige Verfahren zur Demontage von Elektroautos und zur stofflichen Verwertung der Komponenten entwickelt. Ressourceneffiziente, (teil)automatisierte Demontageprozesse sollen unter Einsatz von Augmented Reality und künstlicher Intelligenz entwickelt werden. Wissenschaftler*innen der Uni Siegen beschäftigen sich in diesem Zusammenhang speziell mit der Wiederverwertung von in E-Autos enthaltenen Aluminiumfraktionen. Sie möchten Wege finden, diese konsequent ohne Zusatz von Primäraluminium im geschlossenen Sekundärmaterialkreislauf zu führen. „Das kann nur gelingen, wenn Produkt- und Prozessgestaltung fundamental neu gedacht und alles auf das Qualitätsmerkmal Recyclingfreundlichkeit hin ausgerichtet wird. Dazu ist in den kommenden Jahren eine intensive anwendungsorientierte Grundlagenforschung notwendig, die wir zusammen mit den anderen GRK-Standorten vorantreiben möchten“, sagt Prof. von Hehl.

Neben der technischen Seite werden im GRK zudem gezielt Geschäftsmodelle, Industriestandorte und Arbeitsmarktkompetenzen untersucht, wobei ein Fokus auf kleinen und mittleren Unternehmen liegt. Circular E-Cars bindet mehrere Transformationsplattformen ein, um regionale Unternehmen einzubeziehen und damit den erfolgreichen Transfer von wissenschaftlichen Ergebnissen in tragfähige Geschäftsmodelle zu gewährleisten – darunter die deutschlandweit einzigartige Transformationsplattform REVIERa, die den Strukturwandel im Rheinischen Revier durch ein Netzwerk von über 50 Akteurinnen und Akteure vor Ort unterstützt. Der Wissenstransfer soll außerdem durch die im Graduiertenkolleg ausgebildeten Promovierenden begleitet und sichergestellt werden. In 22 Promotionsvorhaben werden verteilt über die Standorte in sogenannten Lösungspartnerschaften mit Unternehmen und verschiedenen Akteur*innen aus Praxis und Wissenschaft alle Elemente zirkulärer Wertschöpfungsketten von E-Autos erforscht.

Circular E-Cars ist auf die Bildung eines Innovationsökosystems ausgerichtet, das langfristig mindestens 7.000 Arbeitsplätze im Rheinischen Revier in der Kreislaufwirtschaft schaffen soll und die Zukunftsfähigkeit der Region substanziell erhöht.

Hintergrund
Die Universität Siegen beteiligt sich mit dem Lehrstuhl für Materialkunde und Werkstoffprüfung (LMW), dem Lehrstuhl für Produktentwicklung (LPE), dem Lehrstuhl für Mikro- und Nanoanalytik (LMN), dem Lehrstuhl für International Production Engineering and Management (IPEM) und dem Lehrstuhl für Höchstfrequenztechnik und Quantenelektronik (HQE) an dem Graduiertenkolleg.

Kontakt:
Prof. Dr.-Ing. Axel von Hehl (Lehrstuhl für Materialkunde und Werkstoffprüfung der Universität Siegen, Siegener Sprecher des Graduiertenkollegs „Circular E-Cars“)
Tel.: 0271-740 5389
E-Mail: Axel.vHehl@uni-siegen.de

Prof. Dr.-Ing. Axel von Hehl (ganz links) ist der Siegener Sprecher des Graduiertenkollegs. Hier bei der Vorstellung einer so genannten Laser Metal Deposition-Anlage auf dem Campus Buschhütten, die auch bei der Forschung an „Circular E-Cars“ zum Einsatz kommen wird. (Foto: Kruno Schmidt)

Aktualisiert um 20:52 am 4. September 2024 von Thomas Reppel.