Mehr Möglichkeiten in 3D
Dr. Zorah Lähner von der Universität Siegen möchte die Bearbeitung von geometrischen 3D-Daten flexibler und robuster machen. Das Land NRW hat sie jetzt als eine von drei NachwuchsforscherInnen für das Förderprogramm „KI-Starter“ ausgewählt.
Fotos lassen sich über Smartphone-Apps mit Künstlicher Intelligenz (KI) beliebig bearbeiten: Ohne Probleme können wir auf Selfies das eigene Gesicht jünger oder älter machen, unsere Frisur verändern und vieles mehr. Bei dreidimensionalen Darstellungen sind die Möglichkeiten dagegen viel begrenzter – häufig funktioniert die Bearbeitung auch weniger gut und führt zu fehlerhaften Ergebnissen. Das zu verbessern, hat sich Dr. Zorah Lähner von der Universität Siegen in ihrem Projekt „Robust Geometric Deep Learning“ vorgenommen. Sie ist dafür jetzt vom Land NRW als eine von insgesamt drei NachwuchswissenschaftlerInnen für das Förderprogramm „KI-Starter“ ausgewählt worden. Das Programm unterstützt Forschungstalente bei zukunftsweisenden Projekten mit einem Fokus auf KI-Anwendungen.
„Es handelt sich um mein erstes eigenes Forschungsprojekt. Ich freue mich riesig über die Aufnahme in ‚KI-Starter‘ und die damit verbundenen Möglichkeiten“, sagt die 31jährige Zorah Lähner, die seit 2021 als promovierte Informatikerin am Siegener Lehrstuhl für „Computer Vision“ arbeitet. Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und wird vom Land NRW mit insgesamt rund 190.000 Euro gefördert.
„Unsere Welt ist dreidimensional, deshalb ist es nur natürlich, dass man die Dinge auch in 3D darstellt“, erklärt Lähner. Geometrische 3D-Daten seien zudem das Rückrat vieler Anwendungen in der Computergrafik und Vision – von selbstfahrenden Autos, über die Virtuelle Realität bis hin zu medizinischen Anwendungen. „Es wird in Zukunft immer mehr 3D-Aufnahmen geben, erste Geräte und Apps dafür sind ja schon auf dem Markt. Mein Ziel ist es, dass alles, was man heute schon mit Fotos machen kann, künftig auch mit 3D-Daten möglich ist.“
Der Ansatz der Informatikerin: Die der 3D-Bearbeitung zugrundeliegenden, geometrischen „Deep Learning-Methoden“ robuster und flexibler zu machen. „Deep Learning“ ist ein Teilbereich der Künstlichen Intelligenz. Die Algorithmen orientieren sich dabei an der Struktur des menschlichen Gehirns und werden als neuronale Netze bezeichnet. „Für 3D-Daten gibt es zwar schon sehr viele neuronale Netze – aber die funktionieren nur, wenn die Daten qualitativ sehr hochwertig sind“, erklärt Lähner. Gerade 3D-Aufnahmen von Laien enthalten jedoch oft kleine Störungen wie Rauschen oder Unschärfen, was in der Bearbeitung schnell zu Problemen führt.
Eine weitere Hürde stellen die verschiedenen Formate bzw. Repräsentationsformen dar, in denen 3D-Objekte dargestellt werden können – von sogenannten „Punktwolken“, bis hin zu Flächen- und Volumenmodellen. Bisher müssen AnwenderInnen ihre Darstellungen häufig erst mühsam konvertieren, um sie zu bearbeiten. „Das liegt daran, dass die Bearbeitungsmethoden nur für bestimmte Repräsentationen funktionieren. Ich möchte die Methoden hinsichtlich der Formate flexibler machen“, sagt Lähner.
Im ersten Schritt plant die gebürtige Kölnerin, einen neuen Datensatz mit einem möglichst breiten Spektrum an 3D-Daten anzulegen: Daten, die mit unterschiedlicher Hardware aufgenommen wurden und in verschiedenen Repräsentationen und Qualitäten vorliegen. Auf dieser Grundlage möchte sie anschließend die dem Deep Learning zugrunde liegenden neuronalen Netze „trainieren“: „Idealerweise stelle ich mir am Ende ein neuronales Netz vor, in das man eine beliebige 3D-Darstellung eingeben kann – egal mit welchen Gerät oder in welcher Qualität sie aufgenommen wurde und in welcher Repräsentation sie vorliegt – und man bekommt bei der Bearbeitung auch als Laie und ohne großen Mehraufwand das gewünschte Ergebnis.“
Das Landesprogramm „KI-Starter“ ist Teil der Förderlinie „Künstliche Intelligenz/Maschinelles Lernen“ und richtet sich an junge WissenschaftlerInnen aus dem Bereich Künstliche Intelligenz oder Maschinelles Lernen nach der Promotion. Mehr Informationen finden Sie hier.
Kontakt:
Dr. Zorah Lähner
Lehrstuhl für Computer Vision der Universität Siegen
E-Mail: Zorah.laehner@uni-siegen.de
Tel.: 0271 740-4441
Aktualisiert um 11:12 am 26. April 2022 von Thomas Reppel
Nachruf Prof. Dr. Karl-Heinz Drexhage
Das Department Chemie und Biologie der Universität Siegen trauert um
Prof. Dr. Karl-Heinz Drexhage
der am 31. März 2022 im Alter von 88 Jahren verstorben ist.
Herr Prof. Dr. Drexhage wurde am 25.02.1934 in Herford/Westfalen geboren. Nach dem Abitur am humanistischen Gymnasium in Detmold studierte er Chemie in Marburg und wurde 1964 im Institut für Physikalische Chemie bei Hans Kuhn mit Auszeichnung zum Dr. phil. promoviert. Es folgte die Habilitation im Jahr 1967 an der Universität Marburg und eine Postdoktorandentätigkeit im Forschungslabor der IBM in San José (Kalifornien, USA). Von 1970 an war er als Research Associate im Kodak-Forschungslabor in Rochester (New York, USA) tätig. Im Mai 1978 wurde er zum ordentlichen Professor für Physikalische Chemie an der damaligen Gesamthochschule Siegen ernannt und führte seine erfolgreiche Tätigkeit als Forscher und akademischer Lehrer auch noch nach seiner Emeritierung im Jahr 1999 mit ungebrochenem Elan fort. Noch im gleichen Jahr gründete er zusammen mit drei Mitstreitenden die sehr erfolgreiche ATTO-TEC GmbH als Ausgründung der Universität.
Prof. Drexhage war ein Experte auf dem Gebiet der Farbstoffe und leistete zahlreiche bahnbrechende Beiträge für die Wissenschaft. Der Fokus seiner Forschung lag zunächst auf der Entwicklung von monomolekularen Farbstoffschichten und der geschickten Nutzung ultrakurzer Lichtimpulse zur Untersuchung extrem schneller chemischer Reaktionen. In den USA entdeckte er neue hocheffiziente Farbstoffe für Infrarot-Laser und erforschte an der Universität Siegen die Grundlagen der Lichtemission von Farbstoffen weiter. Prof. Drexhage war international führend auf dem Gebiet der fluoreszierenden Farbstoffe, die zunächst in Farbstoff-Lasern und später als Fluoreszenzmarker und Fluoreszenz-löschende Farbstoffe nicht nur in der Biochemie weltweit eine außerordentliche Bedeutung erlangt haben. Zusammen mit seinem Team der ATTO-TEC war er an der Entwicklung verbesserter Fluorophore beteiligt, die den Weg für das mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichneten Verfahrens der STED-Mikroskopie geebnet haben. Seine Farbstoffe bringen jetzt und in Zukunft lebende Zellen zum Leuchten.
In der akademischen Selbstverwaltung engagierte er sich immer wieder aktiv und war von 1981 bis 1983 Dekan des Fachbereichs Chemie. Karl-Heinz Drexhage war auch ein großer Sportler und bis ins hohe Alter galt seine Passion dem Orientierungslauf.
Wir trauern um einen engagierten Hochschullehrer, hervorragenden Wissenschaftler und geschätzten Kollegen, der die Universität Siegen und insbesondere den Fachbereich Chemie seit der Gründung mitgestaltet hat. Wir werden ihn in dankbarer Erinnerung behalten.
Unsere aufrichtige Anteilnahme gilt seiner Ehefrau Elisabeth Drexhage, seinen Kindern, Enkelkindern und Angehörigen.
Für das Kollegium und die Mitarbeitenden
Der Departmentsprecher des Departments Chemie und Biologie
Univ.-Prof. Dr. Carsten Engelhard
Siegen, im April 2022
Aktualisiert um 9:20 am 26. April 2022 von Thomas Reppel
Nachruf Prof. Dr.-Ing. habil. Otmar Loffeld
Am 7. April verlor Siegen mit „Prof. Otmar Loffeld“ einen international anerkannten Forscher auf dem Gebiet der Radartechnik und Sensorik sowie einen leidenschaftlichen Lehrer. Auch seine Kolleginnen und Kollegen an der Universität Siegen haben einen warmherzigen und liebenswürdigen Freund verloren.
*English version below*
Prof. Loffeld hatte eine fast 40-jährige Beziehung zur Universität Siegen. Er kam als junger Doktorand hierher, nachdem er sein Diplom in Elektro- und Nachrichtentechnik an der RWTH Aachen erworben hatte. In Siegen wurde er 1986 promoviert und 1989 habilitiert. Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter auf dem Gebiet der Informationsverarbeitung in Siegen erhielt er 1991 den Ruf auf den Lehrstuhl für Estimationstheorie und Digitale Signalverarbeitung in Siegen. Seitdem war er in Siegen tätig. Er ging vor kurzem in den Ruhestand, war aber weiterhin sehr aktiv in der Forschung und hatte regelmäßigen Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen sowie Studierenden.
In den vielen Jahren der Zusammenarbeit mit der Universität Siegen war Prof. Loffeld maßgeblich an einer Reihe von Aktivitäten beteiligt und brachte Siegen auf die Weltkarte der Forschung in einer Vielzahl von Bereichen wie Compressed Sensing, Kalman-Filterung, optimale Filterung, Schätztheorie und Prozessidentifikation, SAR-Verarbeitung und -Simulation, SAR-Interferometrie und bistatische SAR-Verarbeitung. Über 70 Doktorarbeiten und 2 Habilitationsschriften wurden von ihm betreut. Seine Studierenden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kamen von nah und fern. Sie wussten, dass sie sich immer auf seinen freundlichen und klugen Rat und seine Unterstützung verlassen konnten.
Prof. Loffeld war bis zu seiner Pensionierung ein dynamischer Leiter des Zentrums für Sensor Systeme (ZESS). In diesem Zentrum brachte er Forscherinnen und Forscher über die Grenzen der Disziplinen hinweg zusammen, um innovative sensorische Systeme für eine Reihe von Anwendungen zu entwickeln, zu bauen und zu testen. Ab 2020 war er dann Senior Member im ZESS. In den Jahren 2014-2015 war er außerdem Sprecher des Fachbereichs Elektrotechnik und Informationstechnik. Er war ein umsichtiger Mensch, dessen Beiträge zum Wachstum von Forschung und Lehre an der Universität hoch angesehen waren und aufmerksam verfolgt wurden.
Sein letztes Projekt, das Marie Skłodowska-Curie Innovative Training Network (ITN) “Menelaos-NT” brachte 12 Partner aus 6 Ländern zusammen, um die nächste Generation von Forscherinnen und Forschern in neuartigen elektronischen Sensoren auszubilden. Das aktuell noch laufende Projekt wird von der Europäischen Kommission finanziert. Im Jahr 2002 gründete er das International Postgraduate Program (IPP) „Multi Sensorics“ und 2008 die „NRW Research School on Multi Modal Sensor Systems for Environmental Exploration and Safety (MOSES)“ an der Universität Siegen. Im Jahr 1999 war er Principal Investigator (PI) für die Basislinienschätzung für den X-Band-Teil der Shuttle Radar Topography Mission (SRTM), wo sein Team zu den Basislinienkalibrierungsalgorithmen des DLR beitrug. Er war auch federführend bei der deutschen TerraSAR-X-Erweiterung für die Mission zur digitalen Höhenmessung und bei bistatischen Hitchhiker-Experimenten mit stationärem Empfänger und TerraSAR-X-Beleuchtung. Im Laufe der Jahre baute er eine enge Beziehung zum Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik in Werthhoven-Wachtberg auf.
Auf internationaler Ebene genießt er hohes Ansehen. Die Taiyuan University of Technology in China ernannte ihn 2019 zum Gastprofessor. Er war Senior Member des Institute of Electrical and Electronics Engineering (IEEE). Seine herausragenden Forschungsarbeiten brachten ihm im Laufe der Jahre eine Reihe von Preisen ein. Im Jahr 1990 erhielt er den Bennigsen-Förderpreis in NRW für seine Forschung über „Doppler-Centroid-Estimation für X-SAR-Anwendungen mit Kalman-Filtern“. 2007 erhielt er den Best-Paper-Award der IEEE Geoscience and Remote Sensing Transactions für seine Arbeit über „Bistatic SAR Processing and Experiments“ für einen „sehr bedeutenden Beitrag zum Arbeitsgebiet der IEEE GRS Society“. Ein weiterer Beitrag von ihm wurde auf der IEEE ICET-2008 als bester Beitrag ausgezeichnet. Im Jahr 2011 erhielt er den VDE-ITG Best Paper Award für seine Arbeit über „Bistatic SAR Experiments With PAMIR and TerraSAR“. Die Universität Siegen verlieh ihm im Jahr 2005 den Diesterweg-Ring für seine großen Verdienste um die Internationalisierung der Doktorandenausbildung an der Universität.
Er hinterlässt uns ein Vermächtnis von über 300 Veröffentlichungen, 3 Büchern über Schätztheorie, dankbare Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Kolleginnen und Kollegen sowie wichtigen Beiträgen zur Wissensbasis der Menschheit. Wir vermissen ihn als einen Gentleman, sowie einen rücksichtsvollen und hochgeschätzten Kollegen.
Department Elektrotechnik und Informatik und Vorstand des Zentrums für Sensorsysteme (ZESS)
Obituary
On 7th April, Siegen lost Otmar Loffeld – an internationally acclaimed researcher in the field of radar engineering and sensing as well as a passionate teacher. His colleagues at the University also lost a welcoming, warm and pleasant friend.
Prof. Loffeld had a relationship with Siegen University for almost 40 years. He came here as a young doctoral student after receiving his diploma in electrical and communication engineering from RWTH, Aachen. He was awarded a doctorate from Siegen in 1986 followed by a Habilitation in 1989. After research assistantship in the fields of information processing in Siegen, he was offered the Chair of Estimation Theory and Digital Signal Processing in Siegen in 1991. He had been with Siegen since then. He retired recently; however, continued to be very active in research and had regular interactions with colleagues and students.
Over these many years of association with Siegen University, Prof. Loffeld was instrumental in a number of activities and placed Siegen at the world map of research in wide arrays of areas including Compressive Sensing, Kalman filtering, optimal filtering, estimation theory and process identification, synthetic aperture radar (SAR) processing and simulation, SAR interferometry, and bistatic SAR processing. Over 70 doctoral and 2 habilitation theses were supervised by him. His students and colleagues, originating from all over the world, knew that they could always rely on his kind and wise advice and support.
Prof. Loffeld served as a dynamic leader of the Centre for Sensor System (ZESS) till his retirement. The centre grew to bring together researchers across the discipline divide to design, build and test innovative sensory systems for a range of applications. Since 2020 he has been a senior member of ZESS. He also served the department of Electrical and computer engineering as its speaker in 2014-2015. He was a thoughtful person, whose contributions to the growth of research and teaching at the University were highly regarded and carefully listened to.
His last project, the Marie Skłodowska-Curie Innovative Training Network (ITN) “Menelaos-NT” brought together 12 partners from 6 countries to train the next generation of researchers in novel electronic sensors. It is still an ongoing project funded by the European Commission and the entire team is saddened. In 2002, he founded the International Postgraduate Program (IPP) “Multi Sensorics,” and in 2008 established the “NRW Research School on Multi Modal Sensor Systems for Environmental Exploration and Safety (MOSES)” at the University of Siegen. In 1999 he was the Principal Investigator (PI) on Baseline Estimation for the X-Band part of the Shuttle Radar Topography Mission (SRTM) where his team contributed to DLR’s baseline calibration algorithms. He was also the lead investigator in the German TerraSAR-X add-on for Digital Elevation Measurement mission and in bistatic Hitchhiker experiments with stationary receiver and TerraSAR-X illuminator.
Over the years, he forged a strong relationship with the Fraunhofer Institute for High Frequency Physics and Radar Techniques in Werthhoven-Wachtberg.
Internationally, he was widely regarded. The Taiyuan University of Technology in China elected him a visiting professor in 2019. He was a senior member of the Institute of Electrical and Electronics Engineering (IEEE). His stellar research brought him a number of prizes over the years. In 1990, he received the Bennigsen-Förderpreis in NRW for his research on “Doppler-Centroid-Estimation für X-SAR-Anwendungen mit Kalman-Filtern“. He received best paper awards from IEEE Geoscience and Remote Sensing Transactions in 2007 for his work on “Bistatic SAR Processing and Experiments” for a “very significant contribution to the field of endeavor of the IEEE GRS Society”. Yet another paper won the best paper award in IEEE ICET-2008. In 2011, he received the VDE-ITG Best paper award for his paper on “Bistatic SAR Experiments With PAMIR and TerraSAR”. The University of Siegen awarded him its Diesterweg-Ring for his outstanding contribution to the internationalization of doctoral education at the University of Siegen in 2005.
He leaves us a legacy of over 300 publications, 3 books on estimation theory, grateful students, colleagues and vital additions to the knowledge base of humanity. We will miss a gentleman, a considerate and highly-respected colleague.
Department Elektrotechnik und Informatik und Vorstand des Zentrums für Sensorsysteme (ZESS)
Aktualisiert um 9:15 am 26. April 2022 von Thomas Reppel
Präzises Ergebnis in Minuten
WissenschaftlerInnen der Uni Siegen entwickeln zusammen mit KollegInnen aus Erlangen-Nürnberg ein neues Testverfahren zur Erkennung von Virus-Erkrankungen wie Covid 19. Viren sollen dabei auf Biochips gebunden und anschließend mittels Terahertz-Strahlen detektiert werden.
Nach zwei Jahren Corona-Pandemie kennen viele Menschen das Dilemma: Covid-Schnelltests für zu Hause sind nicht hundertprozentig zuverlässig. PCR-Tests hingegen sind zwar eindeutig – aber auch viel teurer, zeitintensiver und nur von geschulten Labor-Fachkräften auszuwerten. WissenschaftlerInnen der Universität Siegen arbeiten zusammen mit KollegInnen der Universität Erlangen-Nürnberg an einem neuen Test-Verfahren zur Erkennung von Virus-Erkrankungen wie zum Beispiel Covid 19. Dadurch könnte in einigen Jahren ein Test zur Verfügung stehen, der schon nach wenigen Minuten ein sicheres Ergebnis liefert, der statt im Labor direkt in der Arztpraxis durchgeführt werden kann – und der deutlich günstiger ist als ein PCR-Test.
In dem Forschungsprojekt MATISSE geht es darum, Viruspartikel mit Hilfe von speziellen Biochips und Terahertz-Strahlen nachzuweisen. „Terahertz-Strahlen können charakteristische Schwingungen in biologisch bedeutsamen Molekülen anregen. So entstehen starke Resonanzen, die von einem Terahertz-Empfänger gemessen werden können“, erklärt die Siegener Forscherin Dr. Anna Wigger die Idee dahinter. Das Team um Projektleiter Prof. Dr. Peter Haring Bolívar möchte auf den in Siegen entwickelten Biochips sogenannte „Fänger-Moleküle“ aufbringen, die exakt zu bestimmten, charakteristischen Strukturen von Viruspartikeln passen und diese auf der Chip-Oberfläche festhalten können. Führt man an dem Chip anschließend eine Terahertz-Messung durch, so verändert sich die Resonanz-Frequenz des Sensors – der gesuchte Virus ließe sich so zweifelsfrei nachweisen.
„Sie können sich das wie bei einer Stimmgabel vorstellen, die einen spezifischen Klang hat. Befestigt man ein kleines Gewicht an der Stimmgabel und schlägt sie erneut an, so verändert sich dieser Klang. Ebenso ändert sich bei unserem Mess-Prinzip die Resonanz-Frequenz, wenn die Terahertz-Strahlen auf einen Chip bzw. Sensor treffen, der ‚beladen‘ ist – bei dem also ein Molekül oder Viruspartikel angedockt hat“, erläutert Anna Wigger.
Die Siegener WissenschaftlerInnen arbeiten bereits seit mehreren Jahren an der Methode. Die Analyse von DNA-Proben funktioniert mit dem Verfahren bereits erfolgreich – so lassen sich mit Hilfe von Biochips und Terahertz-Strahlen zum Beispiel Erbkrankheiten erkennen oder das individuelle Krebsrisiko identifizieren.
Bei der Ausweitung des Verfahrens auf die Virus-Erkennung stehen die ForscherInnen vor einigen Herausforderungen, denn bei Viren handelt es sich um komplexere Systeme. Hinzu kommt, dass sie eine wässrige Umgebung benötigen und nicht in getrocknetem Zustand gemessen werden können, wie DNA. „Um auf den Chips eine passende Umgebung für die Viruspartikel herzustellen, bringen wir winzige Kanäle auf dem Sensor auf, durch die wir Flüssigkeit pumpen können“, erklärt Elektrotechniker Yannik Loth, der im Rahmen des Projektes seine Doktorarbeit schreibt. „Da Wasser elektrisch leitend ist, müssen wir für die Chips ein neues, elektromagnetisches Design entwickeln, damit die Sensortechnik weiterhin funktioniert.“
Neben der technischen Chipentwicklung spielt bei dem Projekt auch die Biochemie eine wichtige Rolle: Dabei geht es darum, die Chips mit passenden Fänger-Molekülen auszustatten, um die gewünschten biologischen Strukturen – zum Beispiel Viren – auf dem Sensor zu binden. Statt mit Viren arbeiten die WissenschaftlerInnen dabei zunächst mit sogenannten „Exosomen“. „Das sind zelluläre Strukturen, die Viren im Aufbau stark ähneln, die dabei aber für die Arbeit im Labor ungefährlich sind“, erklärt die Doktorandin und Chemikerin Merle Richter. Exosomen seien darüber hinaus noch aus einem anderen Grund interessant, berichtet Richter: „Sie fungieren als Marker für bestimmte Krebsarten. Wenn es uns im ersten Schritt des Projektes also gelingt, Exosomen auf der Chip-Oberfläche zu binden, ließe sich damit bereits eine Methode zur Krebserkennung entwickeln – ein Bereich, mit dem sich insbesondere unsere KollegInnen in Erlangen-Nürnberg beschäftigen.“
Im zweiten Schritt soll die Methode auch auf Viren erfolgreich angewendet werden. Ziel sei es, eine real einsetzbare Methode zu entwickeln, sagt Anna Wigger: „Bis dahin werden allerdings noch mindestens zehn Jahre vergehen. Wenn es soweit ist, könnte in jeder Arztpraxis ein Gerät stehen, mit dem sich Terahertz-Messungen durchführen lassen. PatientInnen könnten sich vor Ort auf Viruserkrankungen testen lassen und würden innerhalb von Minuten ein präzises Ergebnis erhalten.“
Die beteiligten Partner:
Das Projekt MATISSE wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit über 600.000 Euro gefördert. An der Universität Siegen ist neben der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Peter Haring Bolívar vom Lehrstuhl für Höchstfrequenztechnik und Quantenelektronik auch Prof. Dr. Bhaskar Choubey vom Lehrstuhl für Analoge Schaltungstechnik und bildgebende Sensorsysteme beteiligt, der in erster Linie die technische Chipentwicklung unterstützt. Zu den Partnern gehört außerdem Prof. Dr. Anja Bosserhoff vom Lehrstuhl für Biochemie und Molekulare Medizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren.
Kontakt:
Dr. Anna Katharina Wigger
Lehrstuhl für Höchstfrequenztechnik und Quantenelektronik der Universität Siegen
E-Mail: Anna.wigger@uni-siegen.de
Tel.: 0271 740-3020
Aktualisiert um 20:15 am 25. April 2022 von Thomas Reppel
Problemlösung über den Atlantik hinweg
In dem Projekt „Authentic-STEM.connect.us“ erarbeiten SchülerInnen aus dem Kreis Olpe und aus den USA gemeinsam Lösungen für reale Probleme internationaler Unternehmen. Ein innovativer Ansatz der Siegener Mathematikdidaktik, der in den USA und in Deutschland auf großes politisches Interesse stößt.
Die Firma Schlüter Systems mit Hauptsitz in Iserlohn und einer Niederlassung im US-Bundesstaat New York möchte einen Arbeitsschritt teilautomatisieren, um das Produktionsvolumen zu erhöhen: Konkret geht es darum, ein Abflussgitter auszupacken, es mit zwei Schrauben zu versehen – und es anschließend wieder zu verpacken. Wie kann dies teilweise maschinell erledigt werden, ohne dass die Qualität leidet? Das ist eins der Probleme, mit denen sich deutsch-amerikanische SchülerInnenteams im Rahmen von „Authentic-STEM.connect.us“ beschäftigen – einem Projekt der Arbeitsgruppe Mathematikdidaktik der Universität Siegen. Im Februar ist der erste Durchgang gestartet. In dieser Woche (12. – 15. April 2022) sind Dr. Gero Stoffels und Prof. Dr. Ingo Witzke in den USA unterwegs, um den innovativen Ansatz dort VertreterInnen aus Politik und Wirtschaft vorzustellen.
„Die Schülerinnen und Schüler sollen in dem Projekt lernen, gemeinsam mathematische Lösungen für reale Probleme zu entwickeln – und das über sprachliche und kulturelle Hürden hinweg“, beschreibt Projektleiter Dr. Gero Stoffels das Ziel von „Authentic-STEM.connect.us“. Nach einer digitalen Auftaktveranstaltung mit über 70 TeilnehmerInnen wurden dazu Teams gebildet, denen jeweils einige SchülerInnen des Städtischen Gymnasiums Olpe sowie verschiedener amerikanischer Highschools angehören. Sie treffen sich seitdem regelmäßig online, um gemeinsam an „ihrem“ Problem aus den kooperierenden Unternehmen zu arbeiten. Dabei werden sie von MitarbeiterInnen der Uni Siegen und ihren LehrerInnen betreut. Im Rahmen einer Abschlussveranstaltung sollen die Teams schließlich ihre Lösungen präsentieren, die – wenn sie gut sind – von den Unternehmen auch tatsächlich umgesetzt werden.
„Authentic-STEM.connect.us ist ein außerschulisches Projekt, bei dem Schülerinnen und Schüler Fähigkeiten trainieren, die in unserer digitalen Arbeitswelt immer wichtiger werden. Davon profitieren nicht nur sie selbst, sondern auch die Wirtschaft, die Schulen und letztlich die Gesellschaft insgesamt“, sagt Gero Stoffels. Er, Birgitta Marx und weitere Mitglieder der Mathematikdidaktik begleiten das Projekt wissenschaftlich und untersuchen unter anderem, welche Faktoren dazu beitragen, dass die transatlantische Zusammenarbeit gelingt. Die SchülerInnen haben dabei zahlreiche Herausforderungen zu meistern: So müssen sie für ihre Zusammenarbeit den Umgang mit digitalen Medien beherrschen, sie müssen auf Englisch kommunizieren, trotz Zeitverschiebung gemeinsame Online-Termine finden – und nicht zuletzt mit der kulturell bedingten, unterschiedlichen Arbeitsweise ihrer ProjektpartnerInnen zurechtkommen. „Auch im MINT-Bereich sind die meisten Unternehmen heute international aufgestellt. Künftige Fachkräfte benötigen daher neben mathematischem Verständnis auch entsprechende sprachliche und kulturelle Fähigkeiten“, betont Stoffels.
Neben Schlüter Systems ist auch der heimische Automobilzulieferer Kirchhoff Automotive an dem Projekt beteiligt, der unter anderem über ein Werk in Lansing, Michigan verfügt. Darüber hinaus sind zahlreiche Partner aus den USA mit im Boot – darunter neben den beteiligten Colleges auch verschiedene Programme und Institutionen aus dem Bildungs- und Wirtschaftsbereich. Finanzielle Unterstützung des im Februar gestarteten Pilot-Durchgangs wurde vom Amerikanischen Generalkonsulat in Düsseldorf gewährt.
„Ziel unserer Reise in die USA ist es, dieses Netzwerk weiter auszubauen und zusätzliche Ressourcen zu generieren, um das Projekt auch langfristig auf sichere Füße zu stellen“, sagt Dr. Stoffels. Die Chancen stehen nicht schlecht: In dieser Woche (12. – 15.4.2022) werden Prof. Dr. Ingo Witzke und Dr. Gero Stoffels den innovativen Ansatz unter anderem VertreterInnen von Kongress und Senat präsentieren. Auch im Rahmen der Jahreskonferenz der „National Association of Workforce Boards“, einer Organisation, die sich in den USA um die Förderung und Ausbildung von Fachkräften kümmert, dürfen die MathematikdidaktikerInnen „Authentic-STEM.connect.us“ vorstellen. Prof Dr. Ingo Witzke freut sich, „dass dieses innovative Projekt, welches exemplarisch für eine Vielzahl praxisnaher Projekte der Mathematikdidaktik steht, in diesen schwierigen Zeiten zeigen kann, wie Zusammenarbeit junger Menschen mit digitalen Medien sogar über den Atlantik hinweg funktioniert“.
Kontakt:
Dr. Gero Stoffels (Projektleiter)
Fachgruppe Didaktik der Mathematik der Universität Siegen
E-Mail: stoffels@mathematik.uni-siegen.de
Tel.: 0271 740-2754
Aktualisiert um 11:41 am 14. April 2022 von Thomas Reppel
Chemielaboranten bereiten sich an der Uni auf Prüfung vor
Sandra Uebach betreut vier Auszubildende aus Unternehmen der Region bei einem zweiwöchigen Praktikum in den Laboren der Universität Siegen.
Luca Pertzsch und René Fränken arbeiten konzentriert an ihrem Versuchsaufbau. Sören Schleifenbaum trägt Messwerte ein. Luis Müller bittet Sandra Uebach sich seine Berechnungen anzuschauen. Die Chemielaborantin an der Universität Siegen, nimmt sich Zeit. Sie erklärt, gibt Tipps, beantwortet Fragen. Zwei Wochen lang betreut sie die vier Praktikanten, die sich in den Laboren der Universität auf ihre Teil- und Abschlussprüfungen als Chemielaboranten vorbereiten.
Zum ersten Mal bietet die Universität Siegen in Zusammenarbeit mit den Unternehmen in der Region, die ChemielaborantInnen ausbilden, diese Praktikumsphase an. Sandra Uebach, die ehrenamtlich als stellvertretende Vorsitzende im Prüfungsausschuss der Industrie- und Handels Kammer Siegen (IHK) engagiert ist, hat sich für diese Zusammenarbeit eingesetzt. „Wir können in den Uni-Laboren noch einmal andere Apparaturen und Versuchsanordnungen anbieten und gerade in der organischen Chemie Aspekte behandeln, die in der Ausbildung im Betrieb vielleicht nicht in der Form vorkommen“, so Sandra Uebach. Die praktischen Prüfungen von Chemielaboranten aus dem Kammerbezirk werden ohnehin seit Jahren in den Laboren der Universität Siegen abgenommen.
Die vier Azubis, zwei von der Firma Lindenschmidt (Kreuztal) und zwei von der Firma Horn & Co. Analytics (Wenden) sind froh über die individuelle Betreuung und die besondere Form der Prüfungsvorbereitung. „Für die Uni Siegen ist es ein Pilotprojekt“, betont Sandra Uebach, die bei der Umsetzung des Praktikumsangebot vom Leiter der Arbeitsgruppe in der Organischen Chemie, Prof. Dr. Heiko Ihmels, unterstützt wird. „Aber wir freuen uns, wenn die wir in dieser Form Unternehmen der Region bei der Ausbildung helfen können.“
Aktualisiert um 11:38 am 14. April 2022 von Thomas Reppel
Schon vor dem Studium Uni-Luft schnuppern
Über den gesamten Monat März hinweg hatte die Universität Siegen Studieninteressierte zu Schnuppervorlesungen auf den Campus eingeladen.
Schon vor dem Studium im Hörsaal Platz nehmen und in einer Vorlesung dabei sein: Diese Gelegenheit hatten Studieninteressierte im März im Rahmen verschiedener Schnuppervorlesungen an der Universität Siegen. Dabei stand jede Woche im Zeichen einer der fünf Fakultäten. VertreterInnen der Fakultäten stellten anhand anschaulicher Fragestellungen wie „Macht das Internet unsere Jugendsprachen kaputt?“ oder „Schlangenbiss und Fliegenpilz: So funktioniert das Nervensystem“ ihre Studiengänge vor.
„Über 100 BesucherInnen nutzten in den vergangenen Wochen eine oder mehrere Schnuppervorlesungen, um live einen Eindruck vom Studium an der Universität zu gewinnen. Das hilft, eine gezielte Entscheidung für einen Studiengang zu treffen“, berichtet die Studienberaterin Annbritt Siebert von der Zentralen Studienberatung (ZSB). Dass ein Studium nicht nur Theorie, sondern auch sehr viel Praxis beinhaltet, konnten Studieninteressierte für das Unterrichtsfach Musik bei der Abschlussveranstaltung in der Martinikirche erfahren, in der Prof. Martin Herchenröder Einblicke in Klang und Technik der Orgel vermittelte.
Studieninteressierte für das ab Oktober beginnende Wintersemester können sich vom 1. Juni bis 15. Juli 2022 für einen Studiengang ihrer Wahl bewerben. In viele Studiengänge ist die Einschreibung ab August auch ohne vorherige Bewerbung möglich. Informationen zum Studienangebot und Studieneinstieg erhalten Interessierte hier.
Aktualisiert um 13:02 am 7. April 2022 von Thomas Reppel